I. Vorbemerkung

Zum 1.8.2016 bzw. zum 1.1.2017 – teilweise erst mit noch späterem Inkrafttreten – hat sich eine Vielzahl von Änderungen im Sozialrecht ergeben. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich bewusst auf solche weitere Neuerungen, die für die anwaltliche Praxis – nicht nur im Sozialrecht, sondern teilweise auch im Bereich des Arbeitsrechts – bedeutsam sein dürften.

II. Existenzsichernde Leistungen

1. Neue Regelbedarfe im SGB II bzw. Regelsätze im SGB XII

Der Gesetzgeber hat mit Wirkung vom 1.1.2017 entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2017 gem. § 28a SGB XII die Regelbedarfe nach § 20 Abs. 2 SGB II bzw. die Regelsätze nach § 27a SGB XII angepasst. Für Leistungsberechtigte der Regelbedarfstufe 1 gem. § 8 Abs. 1 Regelbedarfsermittlungsgesetz (Erwachsene leistungsberechtigte Personen, die als Alleinstehende oder Alleinerziehende einen eigenen Haushalt führen) wurde der monatliche Betrag um 5 EUR auf nunmehr 409 EUR erhöht. Entsprechend wurden auch die Sätze für die übrigen Regelbedarfsstufen angepasst, ebenso die Mehrbedarfe nach § 21 SGB II bzw. § 30 SGB XII, die jeweils als prozentualer Anteil vom Leistungssatz der jeweiligen Regelbedarfsstufe bestimmt werden.

 

Hinweis:

Der vom BVerfG (Beschl. v. 23.7.2014 – 1 BvL 10/12 u.a.) dem Gesetzgeber erteilte Prüfauftrag zu klären, ob die Regelbedarfe genügend finanziellen Spielraum für die Deckung des menschenwürdigen Existenzminimums enthalten, wurde jedoch übergangen (s. Lenze Info also 2016, 250, 254 ff.).

2. Leistungsausschlüsse für Ausländer

Durch das Gesetz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung vom 28.12.2016 (BGBl I, S. 3155) hat der Gesetzgeber im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG – das Ausländern, die nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 Nr. 1, 2 SGB II dort von Leistungen ausgeschlossen sind, Leistungen nach § 23 Abs. 1 S. 3 SGB XII zugesprochen hat (s. hierzu Pattar/Sartorius ZAP F. 18, S. 1471 f.) – nunmehr bestimmt, dass Personen ohne materielles Aufenthaltsrecht aus dem Freizügigkeitsgesetz EU – ebenso wie Personen, die sich mit einem Aufenthaltsrecht allein zur Arbeitssuche in Deutschland aufhalten sowie Personen, die ihr Aufenthaltsrecht nur aus Art. 10 der VO (EU) Nr. 492/2011 ableiten – von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sind, § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2c SGB II. Im SGB XII werden in § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 die Leistungsausschlüsse denjenigen im SGB II angepasst.

 

Hinweis:

Dem hiervon betroffenen Personenkreis wird jetzt im SGB XII ein Anspruch für einen Zeitraum von – grundsätzlich – nur einem Monat gewährt mit der Möglichkeit, darlehensweise die Kosten der Rückreise zu übernehmen, s. im Einzelnen § 23 Abs. 3 S. 3–5. Nach einer Verfestigung des Aufenthalts im Inland – dies wird nach einer Dauer von fünf Jahren angenommen – bestehen dann Leistungsansprüche im SGB II (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 S. 2) und SGB XII (§ 23 Abs. 3 S. 6).

Die Vereinbarkeit dieser Regelung mit der Verfassung (Art. 1 Abs. 1 GG) ist im Hinblick auf die Entscheidungen des BVerfG zum Regelbedarf und zum Asylbewerberleistungsgesetz zweifelhaft, ebenso erscheint fraglich, ob der Leistungsausschluss gegen Europarecht verstößt und somit jedenfalls vorläufig Leistungen zuzusprechen sind (so für rumänische Staatsangehörige LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 17.2.2017 – L 6 AS 11/17 BER).

3. Erweiterte Schonvermögensregelung im SGB XII

Im Rahmen der Erstellung des Bundesteilhabegesetzes ist in § 60a SGB XII nunmehr bestimmt, dass für Personen, die Leistungen der Eingliederungshilfe (6. Kapitel des SGB XII) erhalten, ein zusätzlicher Betrag von bis zu 25.000 EUR als Schonvermögen i.S.d. § 90 SGB XII als angemessen gilt.

Ferner wird die Verordnung zu § 90 SGB XII mit Wirkung ab dem 1.4.2017 dahingehend geändert, dass das Schonvermögen einheitlich für jede leistungsberechtigte Person von derzeit 1.600 EUR bzw. 2.600 EUR bei Personen ab dem 60. Lebensjahr, für jede leistungsberechtigte Person und deren Partner auf 5.000 EUR angehoben wird. Hinzu kommen 500 EUR für jede Person, die von den Leistungsberechtigten überwiegend unterhalten wird. Bisher betrug dieser Betrag 256 EUR und wurde als Freibetrag nur bei Leistungen nach dem 5. bis 9. Kapitel des SGBX zugestanden.

4. Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (§§ 41 ff. SGB XII) bei Auslandsaufenthalten

Mit Wirkung ab dem 1.7.2017 bestimmt ein neuer § 41a SGB XII: Leistungsberechtigte, die sich länger als vier Wochen ununterbrochen im Ausland aufhalten, erhalten nach Ablauf der vierten Woche bis zu ihrer nachgewiesenen Rückkehr ins Inland keine Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung mehr.

 

Hinweis:

Zum Leistungsanspruch bei mehrmonatigen Auslandsaufenthalten nach derzeitigem Recht s. LSG NRW, Urt. v. 5.9.2016 – L 20 SO 194/14, hierzu Kirchhoff juris PR-SozR 4/2017 Anm. 4.

5. Änderungen im SGB II

Durch das 9. SGB II-Änderungsgesetz vom 26.7.2016 (BGBl I, S. 1824) hat es eine Reihe von Änderungen gegeben, die überwiegend bereits zum 1.8.2016 in Kraft getreten sind (s. hierzu näher info also 2016, 195 ff.). Zu diesen Änderungen gehören etwa:

  • In § 22 Abs. 10 SGB II bestimmt der Gesetzgeber nunmehr, dass zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 der Vorschrift die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zu...

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