Im Zusammenhang mit dem Bundesteilhabegesetz, dessen größter Teil erst zum 1.1.2018 in Kraft tritt (Art. 26 BTHG), wurden vom Gesetzgeber Änderungen im SGB IX vorgenommen, die gem. Art. 26 Abs. 2 BTHG bereits mit Wirkung vom 30.12.2016 in Kraft getreten sind (BGBl I, S. 3234, 3308). Hervorzuheben ist insbesondere, dass nach dem neuen § 95 Abs. 2 S. 3 SGB IX die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen seit dem 30.12.2016 unwirksam ist, wenn sie ohne vorherige Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung erfolgt. § 95 Abs. 2 S. 3 SGB IX n.F. ist eine Verbotsnorm i.S.v. § 134 BGB.

 

Hinweis:

Zu beachten ist, dass die Schwerbehindertenvertretung bei jeder Kündigung schwerbehinderter Arbeitnehmer zu beteiligen ist und zwar auch dann, wenn für diese das Zustimmungserfordernis durch das Integrationsamt (§ 85 SGB IX) nach § 90 SGB IX nicht erforderlich ist, etwa dann, wenn nach § 90 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung ohne Unterbrechung noch nicht länger als sechs Monate besteht.

Vieles bleibt jedoch ungeregelt: Entsprechend der Rechtsprechung des BAG zur Zustimmung des Integrationsamtes dürfte eine Beteiligung nicht erforderlich sein, wenn Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung die Schwerbehinderung der Arbeitnehmer nicht kennen, diese nicht offensichtlich war und Arbeitnehmer diese auch nicht innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung noch nachträglich mitteilen (vgl. zuletzt BAG, Urt. v. 22.9.2016 – 2 AZR 700/15, NJW 2017, 684). Ferner dürfte – entsprechend der Rechtsprechung des BAG zur Zustimmung des Integrationsamtes (BAG NZA 2008, 302) – eine Beteiligung entfallen, wenn zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch kein Anerkennungs- bzw., Gleichstellungsbescheid nach §§ 2 Abs. 3, 69 SGB IX vorgelegen hat, es sei denn, die Schwerbehinderteneigenschaft wäre offensichtlich oder der Antrag auf Anerkennung wurde wenigstens drei Wochen vor dem Zugang der Kündigung gestellt und ihm später mit Rückwirkung entsprochen.

 

Hinweis:

Zu weiteren Einzelheiten hierzu sei verwiesen auf die Ausführungen von Bayreuther NZA 2017, 87. Schafhausen (ASR 2017, 44) weist zu Recht darauf hin, dass offen bleibt, ob Fristen für die Beteiligung gelten. Was soll sein, wenn die Schwerbehindertenvertretung auf ein Anhörungsschreiben nicht reagiert? Ist § 102 Abs. 2 BetrVG entsprechend anwendbar? Gibt es eine Widerspruchsmöglichkeit gem. § 102 Abs. 35 BetrVG analog? Diese Fragen wird die Rechtsprechung klären müssen.

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