Die Erhaltungspflicht des Vermieters kann aus unterschiedlichen Gründen entfallen.

a) Zeitliche Beschränkungen

Zwar unterliegt der Anspruch auf Gewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs nicht der Verjährung, da es sich um eine vertragliche Dauerverpflichtung handelt, die begrifflich nicht verjähren kann, da sie während des Mietverhältnisses ständig neu entsteht (BGH, Urt. v. 17.2.2010 – VIII ZR 104/09, NJW 2010, 1292). Für die Praxis von Relevanz ist dieser Umstand v.a. für die Fälle, in denen der Mieter zwar einen Mangel bzw. einen Instandsetzungsbedarf feststellt, den Vermieter aber nicht auf diesen Umstand hinweist bzw. von ihm dessen Beseitigung verlangt. § 536c Abs. 2 S. 2 BGB führt dabei nicht zum Verlust des Anspruchs auf Mängelbeseitigung des Mieters, da § 535 Abs. 1 S. 2 BGB in der dort enumerativ genannten Aufzählung nicht enthalten ist (Müko-BGB/Häublein, a.a.O., § 535 BGB Rn 126 und § 536c BGB Rn 14; BeckOK Mietrecht/Schüller, 22. Edition, Stand 1.11.2020, § 536c BGB Rn 8a). Mit Beendigung des Mietvertrags erlischt zwar der primäre Erfüllungsanspruch, der Vermieter kann aber aus dem Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB) im Einzelfall nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls im Zeitraum zwischen der Beendigung des Mietverhältnisses und der tatsächlichen Räumung des Mieters, dem sog. Abwicklungsverhältnis aus §§ 546a, 571 BGB, dazu verpflichtet sein, dringend erforderliche Instandsetzungsarbeiten vorzunehmen (BGH, Urt. v. 27.5.2015 – XII ZR 66/13, WuM 2015, 493; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, a.a.O., § 535 BGB Rn 91 und 251). Regelmäßig zählen hierzu aber nur solche Maßnahmen, die erforderlich sind, um die Mindestbedingungen des Wohnens aufrechtzuerhalten (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, a.a.O., § 535 BGB Rn 251).

 

Praxishinweis:

Zu solchen auch nach Beendigung des Mietverhältnisses vom Vermieter geschuldete Maßnahmen gehören die Sicherstellung der Lieferung von Strom, Wasser und Heizenergie gleichermaßen wie zwingende Maßnahmen der Gefahrenabwehr (vgl. BGH, Urt. v. 6.5.2009 – XII ZR 137/07, NJW 2009, 1947).

b) Nutzungsänderung des Mietobjekts

Die Erhaltungspflicht des Vermieters entfällt zudem bei einer Nutzungsänderung des vermieteten Mietobjekts, sofern diese Nutzungsänderung auch zu einer geänderten vertraglichen Vereinbarung zwischen Vermieter und Mieter geführt hat, da alleine die Aufgabe der Nutzung eines Teils der gemieteten Räumlichkeiten durch den Mieter noch nicht zur Befreiung des Vemieters im Hinblick auf die ihn treffende Instandhaltungspflicht führt (LG Berlin, Urt. v. 2.7.1999 – 65 S 4/99, MM 1999, 395).

c) Untergang der Mietsache

Wenn die Mietsache völlig zerstört wird und damit tatsächlich untergeht, fehlen spezielle mietrechtliche Vorschriften im Hinblick auf den Fortbestand der Erhaltungspflicht des Vermieters. Bei einer vollständigen Zerstörung des Mietobjektes gelten daher die allgemeinen Regelungen des Schuldrechts, wonach der Vermieter von seiner Hauptleistungspflicht, nämlich der Gewährung des Gebrauchs der vermieteten Sache, bei Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB frei wird. Damit entfällt zugleich die Verpflichtung zum Wiederaufbau, wenn die Räumlichkeiten zerstört wurden (BGH, Urt. v. 14.4.1976 – VIII ZR 291/74, NJW 1976, 1506; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, a.a.O., § 535 BGB Rn 94).

Kommt bei der Beschädigung der Mietsache eine Instandsetzung einer Neuherstellung fast gleich bzw. steht der erforderliche Aufwand des Vermieters außerhalb des Verhältnisses zum Nutzen für den Mieter, stößt die Erhaltungspflicht ebenfalls an ihre durch §§ 242, 275 Abs. 2 BGB gezogene rechtliche Grenze. Nach der neueren Rechtsprechung des BGH darf kein krasses Missverhältnis zwischen dem Reparaturaufwand einerseits und dem Nutzen der Reparatur für den Mieter sowie dem Wert des Mietobjekts und den aus ihm zu ziehenden Einnahmen andererseits bestehen (BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 342/03, NJW 2005, 3284). Wann diese Zumutbarkeitsgrenze überschritten ist, hat wertend im Einzelfall unter Berücksichtigung der Parteiinteressen zu erfolgen, wobei ergänzend auf die zu §§ 439 Abs. 4, 635 Abs. 3 BGB entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden kann, weil nichts dafür spricht, Vermieter insofern mehr zuzumuten, als Verkäufern oder Werkunternehmern (Müko-BGB/Häublein, a.a.O., § 535 BGB Rn 123 m.w.N.).

 

Praxishinweise:

Im Bereich der Wohnraummiete kann dieser Problemkreis z.B. bei einem Wohnungsbrand oder einem großräumigen Wasserschaden relevant werden, der vom Mieter nicht verschuldet wurde. Dabei ist zu beachten, dass allein der Umstand der notwendigen Zusammenwirkung des Vermieters mit anderen Wohnungseigentümern im Rahmen einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) nicht zur Unzumutbarkeit von Erhaltungsmaßnahmen führt. Ein etwaig erforderlicher Beschluss der WEG nach § 21 Abs. 4 WEG führt für sich allein besehen noch nicht zur rechtlichen Unmöglichkeit des Vermieters. Dieser muss vielmehr die erforderliche Mitwirkung und Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer ggf. mit gerichtlicher Hilfe erwirken, § 21 Abs. 4, 5 WEG (der BGH sieht bis zur Beschlussfassung die Wohnungseigentümer in der Pflich...

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