(BGH, Urt. v. 8.3.2024 – V ZR 80/23) • Während der Corona-Pandemie gefasste Beschlüsse einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sind nicht deshalb nichtig, weil die Wohnungseigentümer an der Eigentümerversammlung nur durch Erteilung einer Vollmacht an den Verwalter teilnehmen konnten. Hinweis: Während der Corona-Pandemie befand sich der Verwalter in einer unauflöslichen Konfliktsituation. Er stand nämlich vor dem Dilemma, entweder das Wohnungseigentumsrecht oder das Infektionsschutzrecht zu missachten. Vorrang war der Einhaltung der geltenden Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes samt den landesrechtlichen Verordnungen (Versammlungsverbote, Abstands-, Hygiene- und Quarantänebestimmungen) zu gewähren. Die Durchführung einer Eigentümerversammlung war damit über einen weiten Zeitraum infektionsschutzrechtlich ausgeschlossen. Bei Durchführung einer Eigentümerversammlung in Präsenz lief der Verwalter Gefahr, gegen bußgeldbewehrte Corona-Schutzvorschriften zu verstoßen. Durch eine Vertreterversammlung wurde den Wohnungseigentümern jedenfalls die Fassung von Beschlüssen ermöglicht, die der gerichtlichen Kontrolle zugeführt werden konnten. Auch wurden die Eigentümer nicht von der Stimmabgabe ausgeschlossen. Sie konnten sich bei der Stimmabgabe durch den Verwalter vertreten lassen und diesem jeweils konkrete Weisungen erteilen, wie er in der Versammlung abstimmen sollte. Der Eigentümer, der mit der Durchführung der Vertreterversammlung nicht einverstanden ist und den Verwalter nicht zur Teilnahme und Stimmabgabe bevollmächtigen möchte, ist durch die Möglichkeit der Beschlussanfechtung (§ 44 Abs. 1 WEG) geschützt.

ZAP F., S. 309–309

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