Nach § 19 Abs. 3 SGB XII in der bis 31.12.2019 geltenden Fassung (a.F.) wurden Leistungen der Eingliederungshilfe nur gewährt, soweit der leistungsberechtigten Person und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern die Aufbringung der Mittel aus ihrem Einkommen und Vermögen nach Maßgabe der §§ 85 ff., 90 SGB XII nicht zumutbar war. Nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII in der bis 31.12.2016 geltenden Fassung waren lediglich "kleinere Barbeträge" oder sonstige Geldwerte als Vermögen geschützt; diese beliefen sich nach § 1 der VO zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB IX a.F. auf 2.600 EUR für den Leistungsberechtigten selbst und 256 EUR für jede Person, die vom Leistungsberechtigten überwiegend unterhalten worden ist bzw. 614 EUR zusätzlich für den Ehegatten oder Lebenspartner. Weiteres Vermögen war nur dann nicht zu berücksichtigen, wenn dessen Einsatz eine Härte bedeuten würde (§ 90 Abs. 3 S. 1 SGB XII), was für Leistungen nach dem 5. bis 9. Kapitel (also z.B. Eingliederungshilfe, Hilfe zur Pflege) insb. dann der Fall war, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert wurde (§ 90 Abs. 3 S. 2 SGB XII). Diese Regelungen führten dazu, dass behinderte Menschen, die Leistungen der Eingliederungshilfe benötigten, faktisch kein relevantes Vermögen ansparen konnten und auch mit dem behinderten Menschen zusammenlebende Ehe- oder Lebenspartner mit ihrem Einkommen und Vermögen für die Deckung behinderungsbedingter Aufwendungen aufzukommen hatten. Das dauerhafte Angewiesensein auf existenzsichernde Leistungen auch im Alter war damit vorprogrammiert.

Seit 1.1.2020 nimmt das Gesetz für den Begriff des Einkommens auf die Regelungen des Steuerrechts Bezug (§ 135 Abs. 1 SGB IX i.V.m. § 2 Abs. 2 EStG) und sieht vor, dass von der leistungsberechtigten Person ein Beitrag zu den Aufwendungen (des Eingliederungshilfeträgers für die Fachleistungen) zu erbringen ist, wenn das Einkommen einen bestimmten Wert (abhängig von der Art des Einkommens eine Prozentzahl x der jährlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV) übersteigt (§ 136 Abs. 2 SGB IX). Die Bezugsgröße für die alten Bundesländer beträgt seit 1.1.2020 38.220 EUR, für die neuen Bundesländer 36.120 EUR.

Daraus ergeben sich folgende Abstufungen:

Ein Beitrag zu den Aufwendungen ist aufzubringen,

  • wenn Einkommen überwiegend aus einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit erzielt wird und 32.487 EUR/ 30.702 EUR übersteigt,
  • wenn Einkommen aus einer nicht sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung erzielt wird und 28.665 EUR/27.090 EUR übersteigt,
  • wenn Renteneinkünfte erzielt werden und diese 22.932 EUR/21.672 EUR übersteigen oder
  • bei anderen Einkunftsarten, wenn diese 28.665 EUR/27.090 EUR übersteigen.

Anders als man annehmen könnte, ist auch für die leistungsberechtigte Person nicht der den Freibetrag übersteigende Betrag vollständig einzusetzen, sondern nur 2 % als monatlicher Beitrag aufzubringen. Der aufzubringende Betrag ist von der Leistung abzuziehen (§ 137 Abs. 3 SGB IX), d.h. es gilt das sog. Nettoprinzip, das bis 31.12.2019 für die Leistungserbringung in stationären Einrichtungen nicht gegolten hat (vgl. § 92 Abs. 1 S. 1 SGB XII a.F.). Dadurch, dass seit 1.1.2020 bei der Leistungserbringung nicht mehr danach unterschieden wird, ob Leistungen in ambulanter, teil- oder vollstationärer Form erbracht werden (dazu unter 2), ist diese Anpassung an die sonstige Form der Leistungserbringung konsequent.

Für die Lebens- und Ehepartner sowie Partner einer nichtehelichen Gemeinschaft, die über Einkommen unterhalb des so für die leistungsberechtigte Person ermittelten Betrags verfügen, erhöht sich der Freibetrag um weitere 10 %; bei Einkommen oberhalb dieses Betrags entfällt dieser – weitere – Freibetrag (es findet also auch dann keine Berücksichtigung des Einkommens statt) und es erhöht sich nur für jedes unterhaltsberechtigte Kind der Freibetrag der leistungsberechtigten Person um weitere 5 %. Dies führt im Ergebnis zu einer weitreichenden Freistellung des Partnereinkommens!

Unverändert sind ohne Einkommenseinsatz allerdings zu erbringen (§ 138 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 SGB IX): heilpädagogische Leistungen nach § 113 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX (entspricht § 92 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB XII a.F.), Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 113 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX (§ 92 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 SGB XII a.F.), Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 92 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 und 7 SGB XII a.F.), Leistungen bei der Hilfe zu einer Schulbildung nach § 112 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX (§ 92 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB XII a.F.), Leistungen zur schulischen Ausbildung für einen Beruf nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX, in besonderen Ausbildungsstätten für behinderte Menschen über Tag und Nacht erbrachte Leistungen (§ 92 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 SGB XII a.F.), Leistungen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten nach § 113 Abs. 1 Nr. 5 SGB IX zur Vorbereitung auf die Teilhabe am Arbeitsleben (§ 92 Abs. 2 S. 1 N...

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