Zwei Entscheidungen des LG Bochum (Urt. v. 16.5.2017 – I-17 O 90/16 u. I-17 O 91/16) befassen sich mit dem "ewigen Widerrufsrecht" i.S.v. § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a.F. Diese Vorschrift hatte sich in der Vergangenheit zum "Damoklesschwert" für jeden Franchise-Geber entwickelt, wenn festgestellt wurde, dass entweder eine notwendige Widerrufsbelehrung nicht erfolgte oder die erfolgte Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprach. Die Konsequenz war immer, dass das Widerrufsrecht nicht nach zwei Wochen endete, sondern zeitlich unbefristet und damit auch nach Beendigung des Franchisevertrags noch ausgeübt werden konnte.

In dem vom LG Bochum in beiden Verfahren zu entscheidenden Sachverhalt ging es nun darum, ob das Widerrufsrecht, wenn dieses nach mehr als fünf Jahren nach Beendigung des Franchisevertrags ausgeübt wurde, verwirkt ist oder zumindest der Widerruf als rechtsmissbräuchlich i.S.v. § 242 BGB anzusehen ist. Dies ist vom LG Bochum unter Hinweis darauf verneint worden, dass die Motivation, warum ein Widerruf nach langer Zeit erklärt werde, selbst wenn dieser dazu diene, nunmehr dem Franchise-Geber Konkurrenz zu machen, unbeachtlich sei, da der Widerruf gem. § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. keiner Begründung bedurfte. Dabei komme bei dem für eine Verwirkung notwendigen Zeit- und Umstandsmoment noch zwingend hinzu, dass sich die Ausübung des Widerrufs als ein unzumutbarer Nachteil für das Unternehmen (dem Franchise-Geber) darstellen müsse. Insofern schloss sich das LG Bochum in seinen beiden Entscheidungen dem Urteil des OLG Stuttgart vom 29.9.2015 (6 U 21/15) sowie dem Urteil des BGH vom 12.4.2016 (XI ZR 564/15) und vom 21.2.2017 (XI ZR 381/15) an.

 

Hinweis:

Hier gilt es aber, die weitere Entwicklung abzuwarten, da zzt. zwei Verfahren vor dem OLG Hamm (I-2 U 143/17; I-2 U 144/17) rechtshängig sind, in denen es um die Frage geht, ob auf Franchiseverträge die Übergangsvorschrift in Art. 229 § 32 Abs. 2, 3 EGBGB anzuwenden ist, d.h. das ewige Widerrufsrecht i.S.v. § 355 Abs. 4 S. 3 BGB a.F. am 27.6.2015 und damit 12 Monate und 14 Tage nach Inkrafttreten des neuen Widerrufsrechts erloschen ist. Das Problem ist dabei, dass im EGBGB nur Haustürgeschäfte und Fernabsatzverträge erwähnt werden und sich damit die Frage stellt, ob Franchiseverträge diesen Verträgen gleichzustellen sind. Da der Gesetzgeber die Verwirkungsregelung für Haustürgeschäfte und Fernabsatzverträge mit dem Hinweis auf Rechtssicherheit für die Unternehmen eingeführt hat, stellt sich die Frage, ob dieser Gedanke der Rechtssicherheit nicht auch auf Franchiseverträge zu übertragen ist.

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