Durch das Mietrechtsänderungsgesetz 2013 hat der Gesetzgeber den Ländern die Möglichkeit eingeräumt, für bestimmte Gemeinden die Kappungsgrenze von 20 % auf 15 % abzusenken. Dazu muss die Gemeinde in eine entsprechende Landesverordnung aufgenommen werden. Das ist an die Voraussetzung gebunden, dass in der Gemeinde ein angespannter Wohnungsmarkt herrscht. Die Länder haben von dieser Möglichkeit äußerst extensiv Gebrauch gemacht (jeweils aktuelle Liste der Gemeinden unter www.mietgerichtstag.de ). Deshalb stellt sich die Frage, wer für die Kontrolle dieser Verordnungen zuständig ist, die Verwaltungsgerichte oder die Zivilgerichte. Der BGH hat sich in einem außergewöhnlich umfangreichen Urteil von 60 Seiten mit dieser Frage an Hand der Berliner Verordnung beschäftigt. Danach haben die Zivilgerichte im Rahmen eines Rechtsstreits über ein Mieterhöhungsverlangen zu prüfen, ob eine von der Landesregierung erlassene Kappungsgrenzenverordnung den Anforderungen an die gesetzliche Ermächtigung in § 558 Abs. 3 S. 3 BGB i.V.m. S. 2 genügt und auch i.Ü. mit höherrangigem Recht in Einklang steht (BGH GE 2016, 113 = DWW 2016, 15 = NZM 2016, 82 = NJW 2016, 476 = MDR 2016, 205 = MietPrax-AK, § 558 BGB Nr. 35 m. Anm. Börstinghaus; ders. jurisPR-BGHZivilR 2/2016 Anm. 3; ders. LMK 2016, 376055; Blümmel GE 2016, 86; Kunze MietRB 2016, 30). Der Senat hat sich in der Entscheidung dann sehr ausführlich mit der Frage beschäftigt, ob sowohl die Ermächtigungsgrundlage in § 558 Abs. 3 S. 3 BGB wie auch die Berliner Verordnung verfassungsgemäß sind. Er hat beide Fragen bejaht und insbesondere dem Verordnungsgeber ein weites Ermessen dahingehend eingeräumt, ob – insbesondere in den Stadtstaaten – die Aufnahme des gesamten Stadtgebiets in eine Verordnung erfolgt oder nur einzelne Stadtteile. Letzteres hat Hessen für einige Großstädte gemacht. Gegen das Urteil ist inzwischen Verfassungsbeschwerde eingelegt und begründet worden.

 

Hinweis:

Die Entscheidung ist explizit zu einer Kappungsgrenzensenkungsverordnung ergangen, sie gilt aber ohne Einschränkungen auch für die "Mietpreisbremsenverordnungen" gem. § 556d Abs. 2 BGB. Keine Ausführungen enthält die Entscheidung zu der wenige Tage vor der Revisionsverhandlung geäußerten Auffassung von Zehelein (NZM 2015, 761), wonach für die Prüfung vor den Zivilgerichten nicht die ZPO, sondern in entsprechender Anwendung die StPO oder das FamFG zu gelten habe. Hintergrund ist, dass für die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Normen nach Ansicht Zeheleins nicht der Beibringungsgrundsatz des ZPO gelten könne, da dann die Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Verordnung vom jeweiligen Sachvortrag einer Partei abhänge. Vielmehr sei eine Sachverhaltsermittlung von Amts wegen notwendig.

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