(AGH NRW, Urt. v. 30.10.2015 – 1 AGH 24/15) • Das Akteneinsichtsrecht des Rechtsanwalts umfasst die Einsicht in die vollständige bei der Rechtsanwaltskammer geführte Personalakte, und zwar einschließlich sämtlicher geführter Sach- und Disziplinarakten, unabhängig davon, ob die zugehörigen Dokumente in Papierform vorgehalten oder in elektronischer Form gespeichert werden. Das gilt auch dann, wenn der Rechtsanwalt schon mehrfach und zuletzt vor wenigen Monaten Einsicht in seine Akte genommen hat. Allerdings besteht kein unbeschränktes Einsichtsrecht: Der Rechtsanwalt muss auf die Organisationsbelange seiner Kammer Rücksicht nehmen und hat keinen Anspruch darauf, die Personalakten außerhalb der üblichen Dienststunden der aktenführenden Stelle einzusehen; ebenso wenig kann er ohne Terminabsprache auf einer sofortigen Vorlage bestehen. Hinweis: In vorliegendem Fall konnte die Gewährung der Akteneinsicht auch nicht von einer fortdauernden Anwesenheit eines Geschäftsführers nach § 58 BRAO abhängig gemacht werden, da das "wie" der Akteneinsichtsgewährung nach Auffassung des AGH NRW nicht in das Ermessen der Rechtsanwaltskammer gestellt sei, sondern vielmehr von einer strikten Bindung auszugehen sei. Ferner hänge das Bestehen des Akteneinsichtsgesuchs nicht davon ab, ob ein "berechtigtes Interesse" an der Akteneinsicht bestehe, womit der Einwand der Kammer, der Anwalt habe von seinem Einsichtsrecht erst kürzlich Gebrauch gemacht, nicht gehört wurde. Nach gesetzlicher Ausgestaltung sei es das Recht des Rechtsanwalts, ohne Angabe oder Nachweis eines berechtigten Interesses, Akteneinsicht zu verlangen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da die beklagte Rechtsanwaltskammer Berufung eingelegt hat.

ZAP EN-Nr. 297/2016

ZAP 7/2016, S. 355 – 356

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