(BGH, Beschl. v. 13.12.2022 – 3 StR 372/22) • Der gegen den erkennbaren Willen des Sexualpartners heimlich ohne Kondom ausgeführte Geschlechtsverkehr (sog. Stealthing) wird als sexueller Übergriff gem. § 177 Abs. 1 StGB gewertet. Stimmt eine Person Geschlechtsverkehr ersichtlich nur unter der Voraussetzung zu, dass dabei ein Kondom genutzt werde, stehen ohne Präservativ vorgenommene sexuelle Handlungen ihrem erkennbaren Willen entgegen. Der Gebrauch eines Präservativs betrifft die Art und Weise des Sexualvollzugs und führt zu einer anderen qualitativen Bewertung (vgl. Schleswig-Holsteinisches OLG, Urt. v. 19.3.2021 – 2 OLG 4 Ss 13/21, NStZ 2021, 619 Rn 17; BayObLG, Beschl. v. 20.8.2021 – 206 StRR 87/21, NStZ-RR 2022, 43, 44; KG, Beschl. v. 27.7.2020 – [4] 161 Ss 48/20 [58/20], OLGSt StGB § 177 Nr. 5 S. 5 f.; Camargo, ZStW 2022, 351, 375; SSW-StGB/Wolters, 5. Aufl., § 177 Rn 18; Schumann/Schefer in FS Kindhäuser, 2019, S. 811, 816; anders dagegen Lackner/Kühl/Heger, StGB, 29. Aufl., § 177 Rn 5). Hierfür spricht nach Ansicht des BGH insb. die generelle Eignung, eine unerwünschte Schwangerschaft oder die Übertragung von Krankheiten zu verhindern. Dass hierdurch die Beurteilung eines sexuellen Kontakts mitgeprägt wird, zeigt sich etwa daran, dass bei Sexualdelikten der Vollzug des Geschlechtsverkehrs ohne Verwendung eines Kondoms bereits nach früherer Rechtslage straferschwerend berücksichtigt werden konnte (s. BGH, Urt. v. 6.7.1999 – 1 StR 216/99, NStZ 1999, 505 f.; vgl. auch BGH, Beschl. v. 18.12.2018 – 3 StR 427/18, NStZ 2019, 203 Rn 9 f.; Urt. v. 14.8.1990 – 1 StR 62/90, BGHSt 37, 153, 155 f.).

ZAP EN-Nr. 185/2023

ZAP F. 1, S. 271–271

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