Ob der Vermieter das vereinfachte oder normale Verfahren wählt, muss er schon bei Abfassung der Modernisierungsankündigung entscheiden (Müko-BGB/Artz, 9. Aufl. 2023, § 559c BGB Rn 12). Nur bei Angabe des Vermieters, dass er vom vereinfachten Verfahren Gebrauch machen möchte, kann der Mieter die reduzierten formalen Anforderungen prüfen. Nach hier vertretener Auffassung ist auch bei fehlendem Hinweis auf die Wahl des vereinfachen Verfahrens die Durchführung von ebenselben möglich, jedoch kann sich der Mieter in diesem Fall auf Härtegründe gegenüber der Mieterhöhung berufen (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, a.a.O., § 559c BGB Rn 9 m.w.N.).

Im vereinfachten Verfahren werden immer 30 % der aufgewendeten Kosten pauschal als Instandhaltungskosten abgezogen, ohne dass es dem Vermieter möglich wäre, eine niedrigere Instandhaltungsquote geltend zu machen. Es handelt sich dabei um eine unwiderlegbare Vermutung (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, a.a.O., § 559c BGB Rn 13). Als entscheidender Vorteil des vereinfachten Verfahrens für den Vermieter kann sich der Mieter nicht nach § 559 Abs. 4 BGB auf finanzielle Härtegründe berufen. Hintergrund hierfür ist, dass nach Auffassung des Gesetzgebers bei einer maximalen Mieterhöhung von 46,67 EUR pro Monat im vereinfachten Verfahren eine unbillige wirtschaftliche Härte für den Mieter nicht zu erwarten sei. Als Nachteil bei der Wahl des vereinfachten Verfahrens für den Vermieter ist die Sperrwirkung von fünf Jahren zu nennen, in denen keine weitere Modernisierungsmieterhöhung nach § 559 BGB erfolgen kann (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, § 559c BGB Rn 20 ff.).

Von diesem Grundsatz hat der Gesetzgeber in § 559c Abs. 4 S. 2 Nrn. 1 und 2 BGB zwei Ausnahmen zugelassen, bei denen innerhalb der Sperrfrist von fünf Jahren doch noch eine weitere Modernisierungsmieterhöhung möglich sein soll.

a) Nicht vom Vermieter zu vertretende Modernisierungen (Nr. 1)

War dem Vermieter zur Zeit der Vornahme der Mieterhöhung im vereinfachten Verfahren weder positiv bekannt noch vorwerfbar unbekannt, dass er innerhalb der fünfjährigen Sperrfrist aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen weitere Modernisierungen vornehmen muss, kann er diese Modernisierungen zum Gegenstand einer normalen Modernisierungsmieterhöhung nach § 559 Abs. 1 BGB machen, ohne dass der Mieter die Sperrfrist von fünf Jahren entgegenhalten könnte (Müko-BGB/Artz, 9. Aufl. 2023, § 559c BGB Rn 10 ff.). Hierunter können z.B. verpflichtende Modernisierungen von Fassaden fallen, die aufgrund der Energieeinsparverordnung (EnEV) durchzuführen sind (BT-Drucks 19/4672, 34). Für die Praxis problematisch ist das auslegungsbedürftige Tatbestandsmerkmal des „Kennenmüssens”, das sich an § 122 Abs. 2 BGB anlehnt. Nicht ausreichend dürfte insoweit eine Vorgabe in einem Koalitionsvertrag oder das gesondert ausgesprochene Ziel einer Regierungspartei sein, gleiches gilt für das Vorliegen eines Referentenentwurfs, weil in allen Fällen die Frage der Verwirklichung der politischen Ziele zu unklar und für den Vermieter nicht rechtssicher nachprüfbar ist (ebenso BeckOGK/Englmann, Stand: 1.1.2023, § 559c BGB Rn 41). Nach hier vertretener Auffassung wird man erst mit Vorliegen eines zustimmenden Bundestagsbeschlusses ein Kennenmüssen bejahen müssen, ohne dass es auf die nachfolgende Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt ankommt (ebenso: Schmidt-Futterer/Börstinghaus, § 559c BGB Rn 22; bereits auf das Vorliegen eines Regierungsentwurfs mit erheblicher medialer Aufmerksamkeit abstellend BeckOGK/Englmann, Stand: 1.1.2023, § 559c BGB Rn 41).

b) Vermietete Eigentumswohnung (Nr. 2)

Als erste echte Sondervorschrift im Wohnraummietrecht für Vermieter (BeckOGK/Englmann, Stand: 1.1.2023, § 559c BGB Rn 43), die ihr Wohnungseigentum vermieten, ist der Vermieter in diesem Fall berechtigt, innerhalb der fünfjährigen Sperrfrist eine ordentliche Mieterhöhung nach § 559 BGB durchzuführen, sofern diese aufgrund eines wirksamen Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft durchzuführen ist. Als einschränkender Zusatz wird nur gefordert, dass der betreffende Mehrheitsbeschluss frühestens zwei Jahre nach Zugang der vorhergehenden Mieterhöhungserklärung im vereinfachten Verfahren gefasst wurde (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, § 559c BGB Rn 24). Um Rechtssicherheit für den Vermieter zu erlangen, kommt es nicht darauf an, ob der Beschluss der WEG später wirksam angefochten wird, da hier – anders als bei der Nr. 1 – ein Kennenmüssen nicht schädlich ist. Der betreffende Beschluss darf jedoch nicht nichtig sein (zu Recht Hinz, JR 2020, 275, 282). In direkter Gegenüberstellung der beiden Ausnahmetatbestände wird der vermietende Wohnungseigentümer also gegenüber dem Vermieter, der aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen zu Modernisierungsmaßnahmen gezwungen wird, gesetzlich privilegiert (zu Recht BeckOGK/Englmann, Stand: 1.1.2023, § 559c BGB Rn 44).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge