Ein Pflichtverteidigerwechsel ist auch ohne wichtigen Grund ausnahmsweise zulässig und aus Gründen der gerichtlichen Fürsorgepflicht geboten, wenn der bisherige Pflichtverteidiger damit einverstanden ist, die Beiordnung des neuen Verteidigers keine Verfahrensverzögerung zur Folge hat und mit dem Verteidigerwechsel keine Mehrbelastung für die Staatskasse verbunden ist. Ein Gebührenverzicht des (alten oder neuen) Pflichtverteidigers zur Vermeidung einer Mehrbelastung für die Staatskasse ist zulässig (KG, Beschl. v. 2.9.2016 – 4 Ws 125/16, StraFo 2016, 513; OLG Karlsruhe NStZ 2016, 305 = StV 2016, 479; OLG Naumburg StraFo 2015, 515; OLG Saarbrücken StraFo 2016, 514 = StRR Sonderausgabe 2/2016, 6). Ist die Bestellung eines Pflichtverteidigers erfolgt, ohne dass dem Beschuldigten die notwendige Gelegenheit gegeben wurde, einen Rechtsanwalt zu bezeichnen, ist die Bestellung aufzuheben und der nunmehr bezeichnete Rechtsanwalt beizuordnen. Die Erstattung der durch den Verteidigerwechsel entstehenden Mehrkosten kann dem neuen Pflichtverteidiger in diesem Fall nicht verweigert werden (LG Bielefeld, Beschl. v. 7.9.2016 – 8 Qs 379/16, RVGreport 2016, 478 = StRR Sonderausgabe 12/2016, 7). Ist die Anhörung (§ 142 StPO) nicht ordnungsgemäß erfolgt, ist der beigeordnete Verteidiger auf Antrag auch dann zu entpflichten und ein benannter Verteidiger beizuordnen, wenn ernstzunehmende Anhaltspunkte für eine Störung des Vertrauensverhältnisses nicht bestehen (OLG Koblenz StV 2016, 512).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge