Wie auch in den Vorjahren (vgl. Deckenbrock/Markworth ZAP 2021, 9, 15 ff.) nehmen Entscheidungen zum 2016 neu gefassten Syndikusrecht einen prominenten Platz in der Anwaltsrechtsprechung ein (s. auch Flegler BRAK-Mitt. 2021, 227 ff.). In den Fokus des Anwaltssenats rückte im abgelaufenen Jahr dabei insb. die Frage nach einer möglichen Syndikuszulassung von GmbH-Geschäftsführern mit volljuristischer Qualifikation. Darüber hinaus wird auf eine am 1.8.2022 in Kraft tretende Reform des für Syndikusanwälte zentralen § 46 BRAO einzugehen sein.

1. Ungleichbehandlung durch Arbeitgeber

Um die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt zu erlangen, muss bei der zuständigen RAK eine vom Arbeitgeber abgegebene Tätigkeitsbeschreibung vorgelegt werden. Das BAG (Urt. v. 27.4.2021 – 9 AZR 662/19) hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem sich der Arbeitgeber geweigert hatte, einem Gewerkschaftssekretär eine solche Beschreibung zu erteilen, da er aufgrund seiner arbeitsvertraglichen Weisungsabhängigkeit die Voraussetzungen der Syndikuszulassung nicht erfülle. Darin sah das BAG einen Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, weil die beklagte Gewerkschaft es – wenngleich in anderen Landesbezirken – Gewerkschaftssekretären ermöglicht hatte, die Syndikuszulassung zu beantragen. Auch bei einer Leistungsgewährung nach Gutdünken und ohne erkennbare Prinzipien sei eine Gleichbehandlung zu wahren. Noch zu klären durch das LAG bleibt, inwiefern die Gewerkschaft die Erteilung von Tätigkeitsbeschreibungen bundeseinheitlich gehandhabt hat oder ob insofern die Landesverbände jeweils einzeln zu betrachten sind.

2. Anwaltliche Prägung

Nach § 46 Abs. 3 BRAO setzt die Zulassung eines Unternehmensjuristen zur Syndikusanwaltschaft voraus, dass das Arbeitsverhältnis durch fachlich unabhängig und eigenverantwortlich auszuübende anwaltliche Tätigkeiten geprägt ist. Wie auch in den Vorjahren hat der Anwaltssenat dazu ausführen können, was unter einer anwaltlichen Tätigkeit zu verstehen ist. Orientierung soll insofern § 3 BRAO verschaffen, nach dem die Aufgabe eines Anwalts die Beratung und Vertretung in allen Rechtsangelegenheiten ist. Erforderlich ist demnach ein konkreter Fallbezug der Tätigkeit, d.h. die Bearbeitung konkreter Rechtsfragen. Dies ist bei der Teilnahme an Arbeitskreisen und Workshops, die auf einen allgemeinen Erfahrungsaustausch bzw. eine Schulung gerichtet sind, nicht der Fall, wie der Anwaltssenat in einem noch Ende 2020 ergangenen Urteil zutreffend hervorhob (BGH, Urt. v. 2.11.2020 – AnwZ [Brfg] 47/19).

Gemäß § 46 Abs. 4 S. 1 BRAO führt eine Weisungsgebundenheit, sofern sie eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließt, zu einer mit § 46 Abs. 3 BRAO unvereinbaren Abhängigkeit. Demnach ist, wie der Anwaltssenat in einem ebenfalls noch Ende 2020 ergangenen Urteil zutreffend entschieden hat, bei einer Stellung als GmbH-Geschäftsführer die Syndikuszulassung ausgeschlossen, da der Geschäftsführer die im Gesellschaftsvertrag oder den Gesellschafterbeschlüssen niedergelegten Einschränkungen befolgen muss (§ 37 Abs. 1 GmbH; s. BGH, Urt. v. 7.12.2020 – AnwZ [Brfg] 17/20). Auch die Tatsache, dass im konkreten Fall Weisungen gem. § 37 GmbH rein tatsächlich unterblieben waren, vermag keine andere Bewertung zu rechtfertigen. In den Anstellungsvertrag aufgenommene Weisungsverbote sollen hieran nichts ändern, da sie das gesellschaftsrechtliche Organverhältnis nicht modifizieren können. Zwar lässt der Anwaltssenat durchblicken, dass eine Begrenzung der gesellschafts- bzw. organrechtlichen Weisungsgebundenheit eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte (BGH, Beschl. v. 25.10.2021 – AnwZ [Brfg] 37/20), die gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit einer solchen Begrenzung wäre jedoch fraglich, da sie den Kompetenzverhältnissen in der GmbH widerspräche. Jedenfalls würden aber die sonstigen Zulassungsvoraussetzungen (dazu sogleich) weiterhin nicht gegeben sein.

Ausdrücklich offenlassen konnte der Anwaltssenat in diesem Zusammenhang bislang auch die Frage, ob nicht bereits der Syndikuszulassung bereits der Umstand entgegensteht, dass das Anstellungsverhältnis eines GmbH-Geschäftsführers nicht als Arbeitsvertrag, sondern als auf die Geschäftsbesorgung durch Ausführung des Geschäftsführeramts gerichteter freier Dienstvertrag einzuordnen ist (BGH, Urt. v. 7.12.2020 – AnwZ [Brfg] 17/20; BGH, Beschl. v. 25.10.2021 – AnwZ [Brfg] 37/20). Entscheidungserheblich könnte diese Frage in der Zukunft etwa dann werden, wenn die Rechtsprechung über die Syndikuszulassung eines AG-Vorstands zu befinden hätte. Voraussichtlich würde auch hier die Zulassung aber jedenfalls an der fehlenden anwaltlichen Prägung des Anstellungsverhältnisses scheitern.

Das Merkmal der anwaltlichen Prägung des Arbeitsverhältnisses hatte der Anwaltssenat bereits in den Vorjahren in einer ganzen Reihe von Entscheidungen präzisiert. Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung soll ein 65 % unterschreitender Anteil anwaltlicher Tätigkeiten i.d.R. nicht ausreichen, um einem Arbeitsverhältnis ...

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