Zentrales Instrument einer verzögerten Mietzinsanpassung in Ballungsräumen mit konstant hohem Anstieg der Marktmieten ist die in § 558 Abs. 3 BGB enthaltene sog. Kappungsgrenze von 20 % bzw. von 15 % in Gebieten mit knapper Wohnraumversorgung, sofern die zuständigen Landesregierungen entsprechende Rechtsverordnungen erlassen haben. Derzeit gilt die 15%-Grenze in ca. 300 Gemeinden (eine vollständige Liste ist bei Schmidt-Futterer/Börstinghaus, § 558 BGB Rn 182j zu finden). Die Einhaltung der Kappungsgrenze im Mieterhöhungsprozess ist materielle Anspruchsvoraussetzung, sodass deren Nichteinhaltung zur (teilweisen) Unbegründetheit der Zustimmungsklage führt (BeckOGK/Fleindl, § 558 BGB Rn 75 m.w.N.).

1. Anwendbarkeit der Kappungsgrenze

Die Kappungsgrenze gilt bei allen Mieterhöhungen nach § 558 BGB und auch bei Übergang vom preisgebundenen zum preisfreien Wohnraum, wenn die Sozialbindung ausgelaufen ist (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, § 558 BGB Rn 150). Die Kappungsgrenze gilt hingegen nicht bei Modernisierungsmieterhöhungen nach § 559 BGB, bei Erhöhungen der Betriebskosten nach § 560 BGB und bei wirksam vereinbarten Staffel- oder Indexmietvereinbarungen gem. §§ 557a, 557b BGB (BeckOGK/Fleindl, § 558 BGB Rn 78). Nach vorzugswürdiger Meinung bleiben auch kraft Privatautonomie vereinbarte Modernisierungsmieterhöhungen unberücksichtigt, da man anderenfalls den Vermieter zum formalen Vorgehen über § 559b Abs. 1 BGB zwingen würde, obwohl sich die Mietvertragsparteien einvernehmlich über eine Erhöhung des Mietzinses geeinigt haben (BGH, Urt. v. 28.4.2004 – VIII ZR 185/03, NZM 2004, 456; BeckOGK/Fleindl, § 558 BGB Rn 79; a.A. Schmidt-Futterer/Börstinghaus, § 558 BGB Rn 178).

2. Die Berechnung der Kappungsgrenze

Die Kappungsgrenze bedeutet, dass der Vermieter innerhalb des Dreijahreszeitraums die Ausgangsmiete um maximal 20 % bzw. 15 % erhöhen darf, wobei ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Mieterhöhungsverlangens zurückzurechnen ist. Soll eine Mieterhöhung also zum 1.9.2022 wirksam werden, ist die am 1.9.2019 vertraglich geschuldete Miete maßgeblich. Relevant ist immer die nach dem Mietvertrag geschuldete Miete, unabhängig von etwaigen Mietminderungsgründen, was selbst bei unbehebbaren Mängeln wie einer mehr als unerheblichen Wohnflächenabweichung gilt (BGH, Urt. v. 17.4.2019 – VIII ZR 33/18, BeckRS 2019, 9413; Müko-BGB/Artz, 8. Aufl. 2020, § 558 BGB Rn 37). Sofern seit dem Beginn des Mietverhältnisses noch keine drei Jahre vergangen sind, ist der Mietzins bei Vertragsbeginn heranzuziehen (BeckOGK/Fleindl, § 558 BGB Rn 82).

Die konkrete Höhe der Kappungsgrenze berechnet sich nach der vereinbarten Mietstruktur. Unter Miete i.S.v. § 558 Abs. 3 S. 1 BGB ist der Nettomietzins ohne Betriebskostenvorauszahlungen oder Betriebskostenpauschalen zu verstehen (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, § 558 BGB Rn 171). Haben die Parteien eine (Teil-)Inklusivmiete vereinbart, ist die Kappungsgrenze auch hierauf anzuwenden. Dem Vermieter ist jedoch dann die für ihn rechnerisch vorteilhafte Möglichkeit eröffnet, die Nebenkosten herauszurechnen und die Mieterhöhung auf Basis der niedrigeren Nettomiete zu berechnen, was insb. bei Mietspiegeln relevant wird, die nur Nettomieten enthalten (Staudinger/Emmerich, Neubearbeitung 2021, § 558 BGB Rn 81). Eine Änderung der Mietstruktur ist damit aber nicht verbunden (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, § 558 BGB Rn 171). Eine konkludente Mietvertragsänderung hin zu einer Nettomiete mit Betriebskostenpauschale kann erst dann angenommen werden, wenn der Vermieter nach einer Mieterhöhung jährlich über die Betriebskosten abrechnet und der Mieter der Vorgehensweise zustimmt. Ein bloßes Schweigen des Mieters ist nicht ausreichend.

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