Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG, vgl. BT-Drucks 19/24181) stand Ende November auf der Tagesordnung einer öffentlichen Anhörung im Bundestagsausschuss für Recht und Verbraucherschutz. Die geladenen Sachverständigen begrüßten den Regierungsentwurf grds. als weiteren wichtigen Schritt, kritisierten jedoch auch zahlreiche Punkte.

Das geplante Gesetz dient der Umsetzung einer EU-Richtlinie; zugleich sollen Anpassungen des Sanierungs- und Insolvenzrechts an die durch die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie geprägte Sondersituation vorgenommen werden. Eingeflossen in den Entwurf sind zudem die Ergebnisse der Evaluation des Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG). Geschaffen werden soll insgesamt ein Rechtsrahmen, der es Unternehmen ermöglicht, sich bei drohender, aber noch nicht eingetretener Zahlungsunfähigkeit auch außerhalb eines Insolvenzverfahrens zu sanieren. Dies soll auf Grundlage eines Restrukturierungsplans geschehen, den die Gläubiger mehrheitlich angenommen haben.

Eine Frankfurter Fachanwältin für Insolvenzrecht kritisierte an dem Entwurf, dass das Gesetz eher für große Unternehmen geeignet sei, da es sehr beratungsintensiv sei. Ebenso meinte ein Professor von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, dass das geplante Gesetz kaum als hinreichende Hilfestellung für Unternehmen angesehen werden könne, die aktuell von pandemiebedingten Einschränkungen betroffen und aus diesem Grund in wirtschaftlichen Schwierigkeiten seien.

Ein Insolvenzverwalter aus Halle warnte vor einer überstürzten Einführung von Regelungen, die massive Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft haben könnten. Der neue Rechtsrahmen könne zu einem Paradigmenwechsel im deutschen Sanierungs- und Insolvenzrecht führen: weg von einer Gläubigerbefriedigung hin zu einer Entschuldung. Angesprochen waren damit u.a. die neuen Regelungen zur Vertragsbeendigung. Diese stießen auf starke Kritik auch der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK). Die BRAK forderte deren ersatzlose Streichung. Nach ihrer Auffassung wäre die Vertragsbeendigung außerhalb des Insolvenzverfahrens ein Fremdkörper und stellte einen Eingriff in die Eigentumsrechte der Gläubiger dar. Eine Umsetzung der geplanten Regelungen würde eine weitreichende Erhöhung von Vertragsrisiken auslösen.

Ein Professor von der Universität zu Köln kritisierte den anvisierten Zeitplan. Es bestehe die Gefahr, dass die Restrukturierungs- und Insolvenzgerichte mit einer Umsetzung zum 1.1.2021 überfordert würden. Ein weiterer Kritikpunkt war die Höhe der Vergütung der Restrukturierungsbeauftragten. So forderte die BRAK-Vertreterin, die vorgesehene Regelung dringend zu ändern, andernfalls könne ein Streit um das Stundenbudget und die Höhe der Vergütung entweder das Vorankommen des Verfahrens blockieren oder es bestehe die Gefahr, sich im Nachgang mit dem Restrukturierungsbeauftragten darüber streiten zu müssen.

Der Insolvenzrechtsexperte von der IG Metall sah als Hauptmangel des Entwurfs die fehlenden Beteiligungsrechte für Arbeitnehmervertreter im Restrukturierungsverfahren. Es fehle dort ein Gläubigerausschuss mit Arbeitnehmerbeteiligung, wie es ihn in der Insolvenzordnung gebe. Arbeitnehmervertretern sollte die Möglichkeit gegeben werden, über die Zukunft der Arbeitsplätze mitzubestimmen. Die mit dem Gesetz umzusetzende EU-Richtlinie erlaube dies durchaus.

[Quelle: Bundestag]

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