Die in § 31a Abs. 1 S. 1 SGB II bei der ersten Pflichtverletzung normierte Höhe einer Leistungsminderung von 30 % des maßgebenden Regelbedarfs ist, so das BVerfG, nach derzeitigen Erkenntnissen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar ist schon die Belastungswirkung dieser Sanktion außerordentlich und die Anforderungen an ihre Verhältnismäßigkeit sind entsprechend hoch. Doch kann sich der Gesetzgeber auf plausible Annahmen stützen, wonach eine solche Minderung der Leistungen auch aufgrund einer abschreckenden Wirkung dazu beiträgt, die Mitwirkung zu erreichen, und er kann davon ausgehen, dass mildere Mittel nicht ebenso effektiv wären.

Allerdings genügt die weitere Ausgestaltung dieser Sanktion nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Unzumutbar ist die Vorgabe in § 31a Abs. 1 S. 1 SGB II, den Regelbedarf bei einer Pflichtverletzung ohne weitere Prüfung immer zwingend zu mindern. Der Gesetzgeber muss nach Auffassung des Gerichts sicherstellen, dass Minderungen unterbleiben können, wenn sie außergewöhnliche Härten bewirken, insb. weil sie in der Gesamtbetrachtung untragbar erscheinen. Er muss Ausnahmesituationen Rechnung tragen, in denen es Menschen zwar an sich möglich ist, eine Mitwirkungspflicht zu erfüllen, die Sanktion aber dennoch im konkreten Einzelfall aufgrund besonderer Umstände unzumutbar erscheint.

Für verfassungswidrig wird auch angesehen, dass die Sanktion der Minderung des Regelbedarfs nach § 31a Abs. 1 S. 1 SGB II unabhängig von der Mitwirkung, auf die sie zielt, immer erst nach drei Monaten endet. Da der Gesetzgeber an die Eigenverantwortung der Betroffenen anknüpfen muss, wenn er existenzsichernde Leistungen suspendiert, weil zumutbare Mitwirkung verweigert wird, ist dies nur gerechtfertigt, wenn eine solche Situation grds. endet, sobald die Mitwirkung erfolgt. Sie darf ab diesem Zeitpunkt nicht länger als einen Monat andauern. Ein starr andauernder Leistungsentzug überschreitet die Grenzen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums.

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