a) Fristlose Kündigung von Franchiseverträgen

Trotz der vertraglich vereinbarten Festlaufzeit kann ein Franchisevertrag sowohl vom Franchisegeber als auch vom Franchisenehmer außerordentlich (fristlos) aus wichtigem Grund gekündigt werden. Dazu wurden in Franchiseverträgen immer Kataloge solcher Gründe aufgeführt, die einerseits den Franchisegeber, anderseits den Franchisenehmer zur fristlosen Kündigung des Franchisevertrags berechtigen. Dies ist seit dem 1.1.2002 nicht mehr notwendig. Das Recht zur fristlosen Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses ist nämlich seit dem 1.1.2002 gesetzlich in § 314 Abs. 1 BGB geregelt (insgesamt dazu Flohr/Klapperich, Dauerschuldverhältnisse nach der Schuldrechtsreform, 2003, Rn 68 ff.). Danach kann ein Franchisevertrag sowohl vom Franchisegeber als auch vom Franchisenehmer aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragsparteien so nachhaltig erschüttert ist, dass der kündigenden Vertragspartei (Franchisegeber oder Franchisenehmer) eine Fortsetzung des Franchisevertrags bis zum Ende der vertraglich vereinbarten Festlaufzeit nicht zugemutet werden kann. Umfassend zur fristlosen Kündigung, den wichtigen Gründen und der für den Anspruch der fristlosen Kündigung eines Franchisevertrags zu beachtenden Grundsätzen s. OLG München ZVertriebsR 2015, 110 und Flohr, in: Handbuch, § 32 Rn 50 ff. mit einem ABC der wichtigen Gründe sowie Flohr, in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 314 BGB Rn 4–22 m.w.N.

b) Kündigungsfrist

Die fristlose Kündigung ist gem. § 314 Abs. 3 BGB innerhalb angemessener Frist zu erklären. Die Angemessenheit dieser Frist wird allerdings nicht im Gesetz definiert. Insofern kann auf die Rechtsprechung zum Handelsvertreterrecht zurückgegriffen werden, da auch gegenüber einem Handelsvertreter die fristlose Kündigung des Handelsvertretervertrags gem. § 89a HGB innerhalb angemessener Frist zu erklären ist. Hier hat die Rechtsprechung festgelegt, dass die Angemessenheit der Frist überschritten ist, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Kenntnis des wichtigen Grundes und dem Ausspruch der fristlosen Kündigung ein zeitlicher Rahmen von mehr als zwei Monaten verstrichen ist (s. BGH ZVertriebsR 2012, 51).

Die Leitlinie für den Ausspruch einer solchen fristlosen Kündigung und auch die zu beachtende Kündigungsfrist war bislang die Entscheidung des KG vom 21.11.1997 (BB 1998, 607 [Burger King]). Danach waren vor dem Ausspruch einer fristlosen Kündigung entsprechend deren Charakter als "ultima ratio" eine Interessenabwägung nach Art und Dauer des Vertragsverhältnisses, die Ausgestaltung der persönlichen und sachlichen Beziehungen, die bisherigen Leistungen des Franchisegebers und das Verhalten des Kündigenden zu berücksichtigen.

Nunmehr kommen die Grundsätze hinzu, die durch das Grundsatzurteil des BGH aufgestellt worden sind (Urt. v. 29.6.2011 – VIII ZR 212/08, ZVertriebsR 2012, 51 m. Anm. Flohr). Danach sind im Hinblick auf die Kündigungsfrist nicht die spezielle Vorschrift des § 626 Abs. 2 BGB und die insofern im Arbeitsrecht geltende zweiwöchige Ausschlussfrist zu berücksichtigen. Jedoch ist die angemessene Überlegungszeit, die zugestanden wird, i.d.R. kürzer als zwei Monate. Wird diese Zweimonatsfrist überschritten, so gibt nach Ansicht des BGH der Kündigende dadurch zu erkennen, dass er das Beanstanden des Ereignisses (wichtiger Grund) selbst nicht als so schwerwiegend empfunden hat, als dass eine weitere Zusammenarbeit bis zum Ablauf der vertraglich vereinbarten Festlaufzeit oder aber bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung des Franchisevertrags unzumutbar ist (umfassend Flohr ZVertriebsR 2012, 50 f.).

c) Abmahnung

Einer solchen fristlosen Kündigung hat i.d.R. eine Abmahnung vorauszugehen. Die Abmahnung ist nur dann entbehrlich, wenn eine der Fallgruppen des § 323 Abs. 2 BGB vorliegt, z.B., hat die Vertragspartei des Franchisevertrags, der gegenüber die fristlose Kündigung erklärt werden soll, zu erkennen gegeben, dass sie nicht bereit ist, den vertragsverletzenden Zustand abzustellen, sich also vertragskonform zu verhalten. Für eine solche Abmahnung ist aber die neuere Rechtsprechung des BGH, nämlich die Entscheidung vom 12.10.2011 (ZVertriebsR 2012, 109 m. Anm. Metzlaff) zu berücksichtigen (dazu s. auch Flohr ZVertriebsR 2012, 50 f.). Danach muss bei der Abmahnung nicht nur auf das vertragswidrige Verhalten hingewiesen werden (Rügefunktion der Abmahnung), sondern die Abmahnung muss auch folgenbezogen sein, d.h. in der Abmahnung ist zu erklären, dass im Falle des Nichtabstellens des vertragswidrigen Zustands die fristlose Kündigung des Franchisevertrags die Konsequenz ist (Warnfunktion der Abmahnung).

 

Hinweis:

Die fristlose Kündigung eines Franchisevertrags darf grundsätzlich nur dann erklärt werden, wenn gem. § 314 Abs. 2 S. 1 BGB zuvor eine Abmahnung ausgesprochen wurde. Eine solche Abmahnung ist jedoch entbehrlich, wenn es sich um einen gravierenden Vertragsverstoß des Franchisenehmers handelt; dieser z.B. für ein Konkurrenzunternehmen tätig geworden ist, ohne insofern die Einwilligung (§ 187 BGB...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge