Besitzt eine Person eine deutsche Fahrerlaubnis und wird ihr diese im Zusammenhang mit einem straßenverkehrsrechtlichen Vergehen vorläufig (§ 111a StPO) entzogen, stellt sich die Frage, ob gleichwohl die Berechtigung für das Führen von Kfz aufgrund einer in einem anderen EU-Staat (im Fall: Polen) erteilten Fahrerlaubnis besteht, wenn die zuständige Behörde zuvor deren Berechtigung nicht anerkannt hat.

Gemäß § 28 Abs. 1 S. 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz i.S.d. § 7 Abs. 1 oder 2 FeV in der Bundesrepublik Deutschland haben, vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Abs. 2 bis 4 im Umfang ihrer Berechtigung Kfz im Inland führen. Nach § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 FeV gilt die Berechtigung nach Abs. 1 u.a. nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist. Nach § 28 Abs. 4 S. 3 FeV ist Satz 1 Nr. 3 und 4 nur anzuwenden, wenn die dort genannten Maßnahmen im Fahreignungsregister eingetragen und nicht nach § 29 des Straßenverkehrsgesetzes getilgt sind. Gemäß § 28 Abs. 4 S. 2 FeV kann die Behörde in den Fällen des Satzes 1 einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen. § 29 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 Nr. 3, Abs. 3 S. 2 und 3 FeV enthält entsprechende Regelungen für den Fall, dass der Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis keinen ordentlichen Wohnsitz nach § 7 FeV im Inland hat.

Das BVerwG stellt in seinem Beschl. v. 16.1.2020 (3 B 51.18, Blutalkohol 57, 121 ff. = NJW 2020, 1603 ff.) heraus, Unionsrecht gebiete nicht, einen ausländischen EU-Führerschein anzuerkennen, der in der Zeit der vorläufigen Entziehung der deutschen Fahrerlaubnis ausgestellt worden sei, wenn sowohl die vorläufige Entziehung nach § 111a StPO als auch die nachfolgende Entziehung nach § 69 Abs. 1 StGB aus Gründen gerechtfertigt gewesen seien, die zum Zeitpunkt der Ausstellung des ausländischen EU-Führerscheins bereits vorgelegen hätten. Zudem lebe das Recht, von einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen, nicht automatisch wieder auf, wenn die im Zusammenhang mit der Entziehung der deutschen Fahrerlaubnis angeordnete Sperre abgelaufen sei.

 

Hinweis:

Die Befugnis der zuständigen Behörden und der Gerichte eines Mitgliedstaats, die Anerkennung der Gültigkeit einer Fahrerlaubnis abzulehnen, die in einem anderen Mitgliedstaat von einer Person erworben wurde, der im ersten Mitgliedstaat die Fahrerlaubnis entzogen und für die dort eine Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet wurde, gilt uneingeschränkt und endgültig, auch wenn diese Person von diesem im zweiten Mitgliedstaat erlangten Führerschein erst nach Ablauf dieser Sperrfrist Gebrauch gemacht haben sollte und auch wenn dieser Ablehnung der Anerkennung kein Verhalten nach der Erteilung der neuen Fahrerlaubnis zugrunde liegen sollte (EuGH NJW 2009, 207 Rn 41).

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