Interessanterweise hebt die Gesetzesbegründung in ihrem Allgemeinen Teil zunächst die große (kredit-)wirtschaftliche Bedeutung von Darlehen zum Bau oder Erwerb von Wohnimmobilien hervor (s. BT-Drucks 18/10935, S. 19): Diese Kredite haben ein Volumen von ca. 70 % der Gesamtverbindlichkeiten des inländischen Haushaltssektors und betragen ca. 50 % des gesamten Kreditvolumens inländischer Banken in Deutschland. Da der Bausektor zudem erheblich zur gesamtwirtschaftlichen Produktionsleistung im Inland beiträgt, können Störungen in diesem Bereich relevante Auswirkungen auf die Kreditnehmer, die Finanzstabilität sowie die Gesamtwirtschaft haben. Gerade da "Übertreibungen an den Immobilienmärkten" (so BT-Drucks 18/10935, S. 19) in der Vergangenheit oft Auslöser von systemischen Finanzkrisen waren, sollen durch sachgerechte Regelungen der Darlehensvergabe zum Bau oder Erwerb von Wohnimmobilien Risiken für die Stabilität des Finanzsystems eingedämmt werden.

Zwar betrifft dieses tragende Begründungselement das (gesetz-)namensgebende Finanzaufsichtsrecht, jedoch gilt dies auch für die Reform des deutschen Darlehensrechts durch die Vorgaben der WIKrRL und die aktuelle "Reform der Reform": Ausweislich der wesentlichen Regelungen der WIKrRL und des deutschen Umsetzungsgesetzes vom 11.3.2016 (auch soweit nicht richtliniendeterminiert) handelt es sich um eine späte, dafür aber weitreichende Reaktion auf die Finanzkrise (und das "Schrottimmobilien"-Problem, dazu Derleder NJW 2003, 2064 ff. m.w.N.). Wie zuletzt angemerkt, waren trotz des – positiv zu bewertenden – großen Umsetzungsspielraums für den nationalen (Privatrechts-)Gesetzgeber nicht alle Regelungen des Gesetzes vom 11.3.2016 auch überzeugend und z.T. sogar "überregulierend" mit der Folge faktischer Kredithemmnisse für (immobilienbesitzende wie -interessierte) Verbraucher (s. m.w.N. N. Fischer ZAP F. 8, S. 563 ff., 578). So hat die deutsche Umsetzung der WIKrRL seit ihrem Inkrafttreten häufig Vorhaben Bauwilliger erschwert. Nicht nur von der Kreditwirtschaft ist (u.a.) beklagt worden, dass die Vergabe von Immobilienkrediten teilweise zu sehr eingeschränkt wird. Denn Kreditinstitute haben ihre Anforderungen gemäß den Gesetzesvorgaben verschärft und daher einer zunehmenden Zahl von Verbrauchern Immobiliendarlehen verwehrt. Kritisiert wurde bereits, dass die Richtlinienumsetzung zu nachteiligen Auswirkungen für politisch wünschenswerte Ziele führe, so etwa für geplante energetische Gebäudesanierungen, altersgerechte Umbaumaßnahmen oder die Altersvorsorge bei selbst genutztem Wohneigentum. Hinzu kamen legislatorische Defizite bei Rechtsklarheit und Rechtssicherheit (s. dazu m.w.N. Omlor NJW 2017, 1633 ff., 1633, der zutreffend auch darauf hinweist, dass sich statistisch bisher kaum nachweisen lässt, ob und ggf. inwiefern fraglos vorliegende Schwankungen in der Kreditvergabestatistik von den Änderungen des Umsetzungsgesetzes kausal verursacht worden sind).

Auf diese Kritik hatten BMJV und BMBF zeitnah reagiert, da – nach einer Gesetzesinitiative von Hessen und Baden-Württemberg vom 6.10.2016 (BR-Drucks 578/16; s. dazu näher Omlor NJW 2017, 1633 ff., 1634 f.) – bereits zum 21.12.2016 ein Gesetzesentwurf der Bundesregierung vorgelegt worden ist (vgl. den Regierungsentwurf eines Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetzes, hier: RegE), der Nachteile bei der Umsetzung der WIKrRL beseitigen sollte (im Internet: www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Verordnungen/2017-06-09-Finanzaufsichtsrechtergaenzungsgesetz.html ). Wie beide Ministerien hervorgehoben haben, sollte nicht nur im Bereich der aufsichtsrechtlichen, sondern auch der zivilrechtlichen Kreditwürdigkeitsprüfung die Rechtssicherheit im Interesse von Darlehensgebern wie -nehmern erhöht werden (s. RegE, S. 2 sowie BT-Drucks 18/10935, S. 21). Dabei sind auch Regelungsanliegen aus dem vorangegangenen BR-Entwurf (teilweise modifiziert) aufgegriffen worden. Weiterer Anpassungsbedarf mit privatrechtlicher Relevanz besteht schließlich aufgrund von Art. 57 f. der o.g. Benchmark-Verordnung (EU) 2016/2011 (s. BT-Drucks 18/10935, S. 20 f.): Diese führt zur Ergänzung sowohl der Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG (ABl L 133 v. 22.5.2008, S. 66) als auch der WIKrRL um zwei neue (verbraucherschützende) Informationspflichten (s. BT-Drucks 18/10935, S. 20): Danach müssen Verbraucher bezüglich solcher Verträge, die auf einen Referenzwert (wie z.B. die Referenzzinssätze LIBOR und EURIBOR, s. BT-Drucks 18/10935, S. 2) im Sinne der Benchmark-VO 2016/2011 verweisen, über den Namen von Referenzwert und Administrator sowie über mögliche verbraucherrelevante Auswirkungen derselben informiert werden.

 

Hinweis:

Bei Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen soll dies im Rahmen der vorvertraglichen Informationspflichten, bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen im Rahmen der allgemeinen Informationspflichten erfolgen (s. dazu die Änderungen in Art. 247, 247a EGBGB). Wichtige verbraucherprivatrechtliche Änderungen des Finanzauf...

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