Im Anwaltsprozess ist es nicht erforderlich, dass die beteiligten Parteien bei anwaltlicher Vertretung zum Vergleichsabschluss selbst erscheinen. Denn die Prozessvollmacht ermächtigt auch zum Vergleichsschluss (§ 81 ZPO). Der Anwalt muss die Vollmacht dem Gericht oder dem Gegner nicht von sich aus vorlegen (§ 88 Abs. 2 ZPO).

Der Mandant kann allerdings dem Anwalt die Berechtigung zum Vergleichsschluss nehmen (§ 83 Abs. 1 ZPO), indem er z.B. in der Vollmacht den entsprechenden Satz streicht. Das ist sehr selten. In diesem Fall müsste der Anwalt das Gericht auf die beschränkte Vollmacht hinweisen, wenn ein Vergleichsgespräch geführt wird und der Mandant nicht anwesend ist.

Von dieser Rechtsmacht im Außenverhältnis muss das Innenverhältnis zwischen dem Anwalt und seinem Mandanten (Geschäftsbesorgungsvertrag) unterschieden werden. Der Mandant will i.d.R. vorher gefragt werden, wenn ein Vergleich geschlossen werden soll (BGH NJW 1994, 2085; NJW 2002, 292). Deshalb ist die Anwesenheit des Mandanten zweckmäßig. Allerdings ist der Einzelfall zu beachten (Offermann-Burckart FPR 2012, 550); denn manche Richter wenden unseriöse Vergleichstechniken an ("der Prozess dauert sonst noch Jahre"; die Gutachterkosten sind "riesig"; "im Urteil bekommen Sie auch nicht mehr"; "sonst schicke ich die Akte zur Staatanwaltschaft und lasse Sie verhaften" usw.). Der Mandant lässt sich dann einschüchtern, versteht erst später, worauf er sich eingelassen hat und macht dem Anwalt Vorwürfe.

Ist der Mandant nicht anwesend und auch nicht telefonisch erreichbar, darf der Anwalt i.d.R. nur einen Vergleich mit Widerrufsvorbehalt schließen (vgl. BGH NJW 1994, 2085 bei Abfindungsvergleich mit nicht unerheblicher Tragweite; NJW 2002, 292). Andernfalls riskiert der Anwalt in Haftung genommen zu werden; der Mandant wird behaupten, ohne den Vergleich hätte der Prozess nach Beweisaufnahme ein besseres Ergebnis gehabt und verlangt die Differenz vom Anwalt als Schadensersatz.

Das persönliche Erscheinen der beteiligten Parteien und die Abgabe der Erklärung durch den Anwalt und die Partei sind ausnahmsweise notwendig z.B. bei der Auflassung (§ 925 BGB), beim Erbvertrag (§ 2274 BGB; dazu OLG Düsseldorf NJW 2007, 1290), beim Erbverzicht (§ 2347 Abs. 2 BGB) und beim Pflichtteilsverzicht (§ 2347 Abs. 2 BGB i.V.m. § 2346 Abs. 2 BGB). Merkwürdigerweise muss sich die Partei dabei trotzdem nicht durch den Personalausweis ausweisen; aber die Angabe des Geburtsdatums ist jedenfalls dann erforderlich, wenn Grundbucheintragungen erfolgen müssen.

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