Die erste höchstrichterliche Entscheidung in der Folge des seit 2016 geltenden neuen Rechts zum Syndikusrechtsanwalt liegt vor: Sie führte zur Niederlage der Deutschen Rentenversicherung Bund und zu einer aus Anwaltssicht erfreulichen Klarstellung. Der Anwaltssenat des BGH hat entschieden, dass die fachliche Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit eines Syndikusanwalts nicht durch betriebsinterne Regelungen einer Branche beeinträchtigt werden, die auch jeder externe Anwalt zu beachten hätte. Der Arbeitgeber darf vielmehr solche Vorgaben machen (BGH, Beschl. v. 1.8.2017 – AnwZ (Brfg) 14/17).

Im konkreten Fall hatte sich der BGH mit dem Zulassungsverfahren eines Schadenssachbearbeiters zu beschäftigen, der bei dem Rückdeckungspool der Kommunalen Versicherer für Haftpflichtschäden angestellt ist. In der Vorinstanz hatte bereits der AGH NRW keine Bedenken, den Volljuristen als Syndikusrechtsanwalt zuzulassen (s. ZAP EN-Nr. 435/2017).

Kernproblem bei dem Fall war die Frage, ob auch dann die nach § 46 Abs. 4 BRAO erforderliche unabhängige und weisungsfreie Tätigkeit vorliegt, wenn Vorgaben zur Art und Weise der Bewertung bestimmter Sachverhalte existieren. Zweifel an der fachlichen Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Tätigkeit hatte der BGH im entschiedenen Fall nicht; es komme aber generell auf die Rechtsnatur solcher Vorgaben an. Die Bindung an geltendes Recht allein – wozu der Senat im vorliegenden Fall auch brancheninterne Rechnungsgrundsätze und Auslegungsbeschlüsse zählt – berührten die fachliche Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Tätigkeit des Syndikusrechtsanwalts nicht. Sowohl das Gesetzesrecht als auch vertragliche Bestimmungen – etwa in Gestalt von AGB – könnten die für ein Rechtsverhältnis maßgebliche Rechtslage umfassend und detailreich regeln mit der Folge, dass für den Bearbeiter bei der rechtlichen Beurteilung durchaus ein nur geringer oder kein Spielraum verbleibe. Dies mache aus dem Juristen noch keinen "richtliniengebundenen Schadenssachbearbeiter".

[Quelle: BGH]

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