Hauptantrag auf Anerkennung als Fortbildungsnachweis

Einen Anspruch des Klägers auf Erlass eines selbstständigen Verwaltungsakts, mit dem die RAK abschließend über die Eignung einer Fortbildungsveranstaltung zur Erfüllung der Fortbildungspflicht entscheidet, hat der BGH wegen fehlender Rechtsgrundlage abgelehnt. Weder § 43c Abs. 4 S. 2 BRAO noch § 15 S. 1, 3 FAO in der hier anwendbaren Fassung vom 1.7.2009 ermächtige die zuständige RAK, im Wege des Verwaltungsakts abschließend über die Eignung einer Fortbildungsveranstaltung zur Erfüllung der Fortbildungspflicht zu entscheiden. Es gebe kein auf die Erfüllung oder Nichterfüllung der Fortbildungsobliegenheit bezogenes und dem Widerrufsverfahren vorgeschaltetes Feststellungsverfahren. Erst recht sei in der FAO kein Verfahren vorgesehen, welches eine verbindliche Entscheidung über die Erfüllung oder Nichterfüllung der Fortbildungsobliegenheit bereits innerhalb des laufenden Kalenderjahres und damit so rechtzeitig ermögliche, dass etwa nicht anerkannte Fortbildungen noch rechtzeitig nachgeholt werden können. Da die erstmalige Verletzung der Fortbildungspflicht nicht zwingend zu einem Widerruf führe und eine überobligationsmäßige Fortbildung im folgenden Jahr bei Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens ein Absehen vom Widerruf der Erlaubnis zur Folge haben könne (vgl. BGH AnwBl 2014, 755), sei eine derartige Regelung auch nicht zwingend zur Wahrung der schutzwürdigen Interessen des Fachanwalts am Fortbestand der Erlaubnis erforderlich.

Hilfsantrag auf Anerkennungsfähigkeit als Fortbildungsveranstaltung

Dem Hilfsantrag des Klägers auf Feststellung, dass es sich bei dem Seminar „Vernehmungslehre und Vernehmungstaktik“ um eine anwaltliche Fortbildungsveranstaltung i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 FAO für das Fachgebiet Verkehrsrecht handelt, hat der BGH hingegen stattgegeben. Der BGH bejaht das Feststellungsinteresse, da sonst für den Kläger die Gefahr bestehe, trotz überobligationsmäßiger Fortbildung in den Folgejahren, welche die RAK immer so angerechnet hatte, dass seine Pflichtstunden als absolviert galten, als „Wiederholungsfall“ eingestuft zu werden.

Das Seminar genügte nach Auffassung des BGH auch den Anforderungen, die an eine anwaltliche Fortbildungsveranstaltung auf dem Fachgebiet „Verkehrsrecht“ zu stellen sind. Gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 FAO müsse sich ein Rechtsanwalt jährlich fortbilden, um eine erworbene Fachanwaltsbezeichnung weiterführen zu können. Nehme er dazu an einem Seminar teil, müsse diese sog. Pflichtfortbildung dem Aufbau, der Vertiefung und der Aktualisierung bereits vorhandener besonderer Kenntnisse in dem jeweiligen Fachgebiet des Rechtsanwalts dienen. Es reiche nicht, bloß Grundlagenkenntnisse noch einmal zu erwerben, die bei jedem Rechtsanwalt vorausgesetzt werden. Schließlich solle die Pflichtfortbildung die Qualität der anwaltlichen Beratung auch langfristig sichern. Es sei aber – so der BGH – nicht zwingend erforderlich, dass die Veranstaltung nur ein Fachgebiet behandelt. Fachanwaltsfortbildungen dürften mehr als ein Fachgebiet betreffen, wenn sie Fachwissen behandeln, welches auf mehr als einem Gebiet von Bedeutung sei. Die besondere Bedeutung der Vernehmungslehre und Vernehmungstaktik für das Fachgebiet „Verkehrsrecht“ erschließt sich ohne Weiteres daraus, dass sich die Ereignisse, welchen den Fällen dieses Fachgebiets zugrunde liegen, durchweg in der Öffentlichkeit, nämlich im Straßenverkehr, abspielen und überdurchschnittlich häufig von zunächst unbeteiligten Personen wahrgenommen würden. Richtig vernehmen zu können sei also für Verkehrsrechtler – anders als z.B. für Vertragsrechtler – von großer Bedeutung. Auch habe das Seminar mehr als die in Studium und Referendariat erworbenen Grundkenntnisse vermittelt. Dass eine Fortbildung nicht alle Bereiche des Fachgebiets Verkehrsrecht ausschöpfe, stehe ihrer Anerkennung ebenso wenig entgegen wie die Tatsache, dass von ihr auch jeder andere, forensisch tätige Rechtsanwalt profitieren könnte.

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