Die Ermittlung von Flächenabweichngen setzt nicht nur das rein tatsächliche Vermessen der Wohnung voraus, sondern auch die Entscheidung, welche Berechnungsvorschrift in Ansatz gebracht wird. Diese unterscheiden sich vor allem danach, wie bestimmte Grundflächen auf die Wohnfläche angerechnet werden, z.B. Balkone. Der Begriff der "Wohnfläche" ist dabei im Wohnraummietrecht auch bei frei finanziertem Wohnraum grundsätzlich anhand der für den preisgebundenen Wohnraum im Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses geltenden Bestimmungen auszulegen. Eine hiervon abweichende Berechnung erfolgt u.a. dann, wenn ein anderer Berechnungsmodus örtlich üblich ist. Eine solche maßgebende Verkehrssitte setzt aber voraus, dass abweichend von den sonst anwendbaren Bestimmungen ein anderes Regelwerk insgesamt angewendet wird (BGH WuM 2019, 319 = GE 2019, 794 = MietPrax-AK § 558 BGB Nr. 41 mit Anm. Börstinghaus; Börstinghaus, LMK 2019, 418513; Kunze, MietRB 2019, 196). Eine solche Verkehrssitte verlange die Zustimmung von Mietern und Vermietern. Einer Verkehrssitte für einzelne Teilflächen, z.B. Balkone, ist nach Ansicht des Senats unerheblich. Erforderlich sei eine Verkehrssitte zur vollständigen Anwendung eines anderen Regelwerks. Die Ermittlung der Wohnfläche könne sinnvollerweise nur aufgrund eines einheitlichen, in sich geschlossenen Regelwerks vorgenommen werden, weil anderenfalls Wertungswidersprüche zumindest möglich und sachgerechte Ergebnisse nicht sichergestellt seien.

Als zweite Grenze für das Mieterhöhungsverfahren hat der Gesetzgeber in § 558 Abs. 3 BGB die Kappungsgrenze eingeführt. Danach darf die Miete innerhalb von drei Jahren um nicht mehr als 20 % bzw. 15 % steigen. Ausgangspunkt für die Mieterhöhung ist dabei die vertraglich vereinbarte Miete, bei späteren Änderungen die zuletzt vereinbarte Miete. Mietminderungen gem. § 536 Abs. 1 BGB bleiben bei der für die Berechnung der Kappungsgrenze grds. unberücksichtigt. Dies gilt nach Ansicht des Senats auch bei nicht behebbaren Mängeln wie sie Flächenabweichungen darstellen.

Die Kappungsgrenze solle zum Schutz des Mieters verhindern, dass die Mietsteigerung in Einzelfällen ein zu starkes Ausmaß annähmen. Dieser Schutz orientiert sich aber an der Miete, zu deren Begleichung sich der Mieter vertraglich verpflichtet habe. Diese anfängliche oder während des laufenden Mietverhältnisses vereinbarte Miete habe der Mieter durch eigene Entscheidung übernommen und für sich als wirtschaftlich tragfähig angesehen. Das bleibe dann auch die Messlatte zur Beurteilung seiner eventuellen finanziellen Überforderung. Die Wohnflächenabweichung werde bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nach der neuen Senatsrechtsprechung ausreichend berücksichtigt. Ausdrücklich abgelehnt hat der Senat die Übernahme seiner Rechtsprechung zur maximalen Kautionshöhe bei nicht behebbaren Mängeln. Der Berechnung der Kautionshöhe liege eine andere Intention als der Berechnung der Kappungsgrenze zugrunde. Während es bei der Kappungsgrenze um den Schutz des Mieters vor einer wirtschaftlichen Überforderung durch einen zu starken Anstieg der Miete gehe, ziele die Mietsicherheit auf den Schutz des Vermieters bei (späteren) Ansprüchen gegen den Mieter ab. Bei dauerhafter Mietminderung infolge einer Wohnflächenabweichung bestehe kein anerkennenswertes Sicherungsinteresse des Vermieters an einer Mietkaution in Höhe des Dreifachen der vereinbarten Nettomiete.

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