Der Reisende kann unbeschadet der Minderung oder der Kündigung Schadensersatz verlangen. Neben den verschuldensunabhängigen Gewährleistungsansprüchen stehen dem Reisenden aus § 651f BGB noch weitergehende Ersatzansprüche zur Verfügung, soweit ihm ein Schaden entstanden ist, den der Veranstalter zu vertreten hat.

 

Hinweis:

Die Durchführung der Reise und die Wahrnehmung der Reiseleistungen dürfen für den Reisenden keine Gefährdungen mit sich bringen.

Den Reiseveranstalter trifft daher eine Auswahl- und Kontrollpflicht für die verwendete Anlage (BGH NJW 2007, 2549) sowie eine Auswahl- und Überwachungspflicht für seine Verrichtungsgehilfen (vgl. BGH RRa 2006, 206 [Wasserrutschen-Fall]; LG Köln RRa 2005, 211 [defekter Pool]). Die Verkehrssicherungspflicht für die Anlage trifft jedoch vorrangig den Hotelbetreiber (BGH NJW 2007, 2549). Eine Haftung des Reiseveranstalters für ein Verschulden des Hotelbetreibers und seiner Angestellten gem. § 831 BGB scheidet aus, weil dieser mangels Weisungsgebundenheit nicht Verrichtungsgehilfe des Reiseveranstalters ist (OLG Frankfurt/M. NJW-RR 2001, 53).

Die Einstandspflicht des Reiseveranstalters findet ferner in der Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos ihre Grenze. Keinen Schadensersatz lösen daher Unfälle aus, die nicht reisespezifisch sind und mit deren Auftreten auch im privaten Alltag gerechnet werden muss (vgl. LG Duisburg RRa 2006, 20 f.). Zum allgemeinen Lebensrisiko gehört z.B. das private Unfallrisiko des Reisenden (Sturz auf einer Treppe: LG Düsseldorf RRa 2005, 26; BGH RRa 2005, 112 [Sturzschäden gehören grundsätzlich zum allgemeinen Lebensrisiko]) oder die Kriminalität im Urlaubsland (Überfall in der Ferienanlage, OLG München RRa 2004, 203).

Ein Verstoß gegen Hinweispflichten durch den Reiseveranstalter und damit ein begründeter Reisemangel liegt nur dann vor, wenn es wiederholt zu Überfällen oder Diebstählen im gebuchten Hotel gekommen ist (OLG München, RRa 2004, 203). Begeht ein Hotelangestellter bei Ausführung seines Dienstes einen Diebstahl, begründet dies von sich aus noch keinen Reisemangel (AG Duisburg RRa 2005, 29).

Der Reiseveranstalter kann durch Vereinbarung – individuell oder in den ARB – seine Haftung für Schäden, die nicht Körperschäden sind, auf den dreifachen Reisepreis beschränken,

  • soweit ein Schaden des Reisenden weder vorsätzlich noch grob fahrlässig herbeigeführt wird, oder
  • soweit der Schaden des Reisenden allein wegen eines Verschuldens eines Leistungsträgers entstanden ist.
 

Hinweise:

Die Haftungsbeschränkung stellt daher eine Ausnahme vom Grundsatz der unabdingbaren Rechte des Reisenden aus § 651m BGB dar. In den Allgemeinen Reisebedingungen (ARB) kann ferner die zweijährige Verjährung für Sachschäden auf ein Jahr verkürzt werden.

aa) Schadensersatz wegen Nichterfüllung (§ 651f Abs. 1 BGB)

Inhaltlich fordert § 651f Abs. 1 BGB einen Reisemangel, der auf einem Umstand beruht, den der Veranstalter zu vertreten hat. Die Abgrenzung zwischen Minderungsgrund und Schadensersatz ist bei Vorliegen eines Reisemangels i.S.d. § 651c Abs. 1 BGB nicht ganz einfach. Typische Reisemängel, die einen Schadensersatz begründen, sind Schäden an Gesundheit und Eigentum des Reisenden. Entspricht der Swimmingpool nicht der im Katalog beschriebenen und garantierten Tiefe (z.B. Werbung mit einem Sprungbrett am Pool) und verletzt sich der Reisende bei einem Sprung, so liegt zunächst ein Reisemangel an der Freizeiteinrichtung der Unterkunft vor, die zur Minderung des Reisepreises ermächtigen kann. Sollte der Reisende noch weitere Schäden an seiner Gesundheit oder seinem Eigentum erlitten haben, so kann er Schadensersatz vom Veranstalter verlangen.

 

Hinweis:

Der Reisende kann jedoch für den reinen Mangel (fehlerhafter Swimmingpool) nicht kumulativ Minderung und Schadensersatz verlangen (BGHZ 92, 132).

Gemäß § 651f Abs. 1 BGB wird ein Verschulden des Reiseveranstalters vermutet (BGHZ 161, 79 [Reitunfall II]). Gelingt dem Veranstalter im Prozess nicht der Entlastungsbeweis, haftet er grundsätzlich für eigenes wie für fremdes Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen. Bei der Schadenshöhe kann sich ein Mitverschulden des Reisenden auswirken, z.B. wenn der Reisende den Mangel vor Ort erkannt, aber nicht angezeigt hat. Die Haftung für Sachschäden kann unter den Voraussetzungen des § 651h Abs. 1 BGB auf den dreifachen Reisepreis beschränkt werden.

bb) Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit (§ 651f Abs. 2 BGB)

Das Vorliegen eines Mangels kann neben einer Minderung, Kündigung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung noch einen weiteren Anspruch des Reisenden begründen. Im Unterschied zu den vorgenannten Anspruchsarten deckt der Anspruch aus § 651f Abs. 2 BGB immaterielle Schäden des Reisenden ab. Dieser Nichtvermögensschaden setzt neben einem Reisemangel, der zur Vereitelung oder erheblichen Beeinträchtigung der Reise führt und dadurch nutzlos aufgewendete Urlaubszeit des Reisenden verursacht, und dem Verschulden des Veranstalters oder seiner Erfüllungsgehilfen auch eine Mängelanzeige während der Reise voraus.

Vereitelt ist die Reise, wenn der Reisewillige sie entweder überhaupt nicht antreten konnte oder sof...

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