Ergibt sich etwa bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung für die Bußgeldbehörde ein für die Unmöglichkeit der Fahrerfeststellung ursächliches Ermittlungsdefizit, kann behördlich eine Fahrtenbuchauflage in Betracht gezogen werden. Die Fahrtenbuchauflage findet ihre rechtliche Grundlage in § 31a Abs. 1 S. 1 StVZO. Hiernach kann die nach Landesrecht zuständige Behörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Dies ist dann der Fall, wenn die Bußgeldbehörde nach den Umständen des Einzelfalls nicht in der Lage war, den Täter einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Zu den angemessenen Ermittlungsmaßnahmen gehört grds., dass der Halter möglichst umgehend – im Regelfall innerhalb von zwei Wochen – von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß benachrichtigt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten kann und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 7.12.2021 – 8 B 1475/21, juris Rn 3 f., m.w.N.).

Das OVG Nordrhein-Westfalen stellt in seinem Beschluss v. 8.8.2022 (8 B 691/22, NJW 2022, 2703 f.) heraus, dass für die Beurteilung, wer i.S.d. Straßenverkehrsrechts Halter eines Fahrzeugs und richtiger Adressat einer Fahrtenbuchauflage sei, eine wirtschaftliche Betrachtungsweise vorzunehmen sei. Der Bußgeldbehörde gereiche es nicht zum Nachteil, wenn sie bei ungeklärten Verhältnissen als eingetragenem Zulassungsinhaber den (alleinigen) Halter des Fahrzeugs anhöre. Gerade die Fahrzeugzulassung sei ein gewichtiges Indiz für die Haltereigenschaft und könne bei der Gesamtwürdigung im Einzelfall – insb. bei ungeklärten Verhältnissen – ausschlaggebende Bedeutung haben. Denn der Gesetzgeber messe den im Fahrzeugregister enthaltenen Eintragungen bei der Halterbestimmung erhebliches Gewicht bei.

Von Rechtsanwalt Prof. Dr. Bernd Andrick, VorsRiVG a.D., Münster

ZAP F. 19 R, S. 767–776

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