Das BVerwG hat in seinem Urt. v. 7.7.2021 (2 C 2.21, RDV 2021, 275; IÖD 2021, 254 ff.; NVwZ 2021, 1608 ff.; ZfPR online 2022, Nr. 1, 2-6; ZBR 2022, 92 ff.; PersV 2022, 136 ff.) die rechtlichen Grundlagen von dienstlichen Beurteilungen hinterfragt und sich in diesem Zusammenhang zu grds. Aspekten der dienstlichen Beurteilung geäußert.

Zunächst stellt es die Prüfungskompetenz der Gerichte bei Beurteilungsstreitigkeiten heraus. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle der Beurteilung sei auf die Überprüfung beschränkt, ob der Dienstherr gegen Verfahrensvorschriften verstoßen habe, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen sei, die anzuwendenden Begriffe oder den gesetzlichen Rahmen verkannt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt habe. Hingegen dürfe das Gericht nicht die fachliche und persönliche Beurteilung des Beamten durch seinen Dienstvorgesetzten in vollem Umfang nachvollziehen oder diese durch eine eigene Beurteilung ersetzen. Denn nur der für den Dienstherrn handelnde Vorgesetzte solle ein Werturteil darüber abgeben, ob und inwieweit der Beamte den – ebenfalls vom Dienstherrn zu bestimmenden – fachlichen und persönlichen Anforderungen des Amtes und der Laufbahn entspreche. Bei einem derartigen dem Dienstherrn vorbehaltenen Akt wertender Erkenntnis stehe diesem eine der gesetzlichen Regelung immanente Beurteilungsermächtigung zu.

Zurückliegende dienstliche Beurteilungen eines Beamten könnten für spätere Verwendungs- und Auswahlentscheidungen von Belang sein. Zwar seien für Auswahlentscheidungen in erster Linie aktuelle Beurteilungen maßgebend, die bezogen auf den einzelnen Beamten den gegenwärtigen Stand der nach Art. 33 Abs. 2 GG maßgeblichen Kriterien bewerteten. Daneben könnten aber ältere dienstliche Beurteilungen als zusätzliche Erkenntnismittel berücksichtigt werden, anhand derer insb. positive oder negative Entwicklungstendenzen des Beamten im Hinblick auf Charaktereigenschaften, Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen beurteilt werden könne.

Ob ein bei einem beurteilten Personalratsmitglied personalvertretungsrechtlich vorgesehenes Beurteilungsgespräch (etwa i.S.v. § 69 Abs. 3 S. 6 und Abs. 8 LPersVG RP) einen Verfahrensfehler darstelle, lässt das BVerwG offen. Es konzediert zwar, dass das Fehlen eines solchen Gesprächs nach erstellter Beurteilung bzw. die Teilnahme eines Personalratsmitgliedes an einem solchen Gespräch keinen inhaltlichen Einfluss auf die dienstliche Beurteilung habe (vgl. BVerwGE 167, 358 Rn 28). Es erscheine aber bedenklich, wenn die Auslegung einer pflichtenbegründenden Norm dazu führe, dass ein Verstoß dagegen folgenlos bliebe. Im vorliegenden Fall komme dem Beurteilten selbst bei der Relevanz eines Verfahrensverstoßes dieser nicht zugute, da die Verfahrensvorschrift dem Beurteilten hätte bekannt sein müssen, sodass er sich nicht auf die Verletzung dieser Vorschrift stützen könne.

Das Urteil des BVerwG ragt dadurch heraus, dass danach wegen der Bedeutung von dienstlichen Beurteilungen für die allein nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG zu treffenden Auswahlentscheidungen die grundlegenden Vorgaben für die Erstellung von dienstlichen Beurteilungen in Rechtsnormen geregelt werden müssten. Dabei habe der Gesetzgeber das System – Regel- oder Anlassbeurteilungen – sowie die Bildung eines zusammenfassenden Gesamturteils vorzugeben. Weitere Einzelheiten, wie der Rhythmus von Regelbeurteilungen oder der Inhalt der zu beurteilenden Einzelmerkmale, könnten einer Rechtsverordnung auf der Grundlage einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Ermächtigung überlassen bleiben. Eine hinter diesen Anforderungen zurückbleibende Rechtslage sei für einen Übergangszeitraum hinzunehmen.

Schließlich fordert das BVerwG unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (BVerwGE 151, 333 Rn 44), dass eine dienstliche Beurteilung mit einem Gesamturteil abschließen müsse, in das sämtliche vom Dienstherrn bewertete Einzelmerkmale der drei Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG einfließen müssten, wozu auch die Einzelmerkmale der Befähigung zählten.

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