Die nachfolgend geschilderte Konstellation ist ein Ärgernis für Händler: Ein Kunde bestellt ein Produkt, das der Verkäufer sodann liefert. Ein Kaufvertrag ist zustande gekommen; über das Widerrufsrecht wurde ordnungsgemäß belehrt. Im Rahmen der Widerrufsfrist erklärt der Kunde den Widerruf. Im Verlauf der nachfolgenden "Diskussion" gibt der Kunde an, dass er das gleiche Produkt bei einem anderen Händler billiger erworben habe. Ein Verkäufer ärgerte sich über dieses Verhalten des Kunden derart, dass es zum Rechtsstreit kam. Er bewertete das Verhalten des Kunden als rechtsmissbräuchlich. Der BGH hat entschieden, dass der Widerruf des Kunden – vor dem Hintergrund des bei einem anderen Händler günstiger erworbenen Produktes – zulässig war (Urt. v. 16.3.2016 – VII ZR 146/15). Es stelle insbesondere keinen Rechtsmissbrauch dar, wenn der Kunde die bestehende Wettbewerbssituation für sich ausnutze. Der BGH verwies hierbei auf den Wortlaut des § 355 Abs. 1 S. 4 BGB, wonach der Widerruf ohne Angaben von Gründen erfolgen könne. Die dem Widerruf zugrunde liegenden Motive sind damit für die wirksame Ausübung des Widerrufsrechts grundsätzlich nicht maßgebend. Nach dieser höchstrichterlichen Entscheidung werden sich Verkäufer mit der Situation abfinden müssen, dass Kunden den Widerruf ihrer Willenserklärung mit der Folge der Rückabwicklung erklären, wenn sie bei einem anderen Händler die Ware günstiger erhalten. Der BGH entschied zwar auch, dass das Widerrufsrecht u.U. bei einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten des Kunden ausgeschlossen sein könne. Im konkreten Fall war dies jedoch nicht so. Ferner handelt es sich bei dem Rechtsmissbrauch um einen Ausnahmetatbestand, der in der Rechtsprechung nur zurückhaltend angewendet wird.

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