I. Bestandteile einer Abmahnung

Eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung besteht regelmäßig aus einem Anschreiben (mit Begründung, Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, Fristsetzung und Berechnung des Kostenerstattungsbetrags), einer beigefügten Vollmacht (bei der Mitbewerber-Abmahnung) und einer vorformulierten strafbewehrten Unterlassungserklärung. Rechtlich erforderlich ist die in der Praxis übliche Beifügung einer Unterlassungserklärungsvorlage nicht.

II. Varianten der Unterlassungserklärung

In der Praxis finden sich zwei Arten von strafbewehrten Unterlassungserklärungen (s. Ahrens/Achilles, Der Wettbewerbsprozess, 8. Aufl. 2017, Kap. 8 Rn 35 f.). Bei der einen Variante wird ein Vertragsstrafeversprechen mit einem festen Betrag (häufig 5.001,00 EUR oder 5.100,00 EUR) vereinbart.

 

Hinweis:

Die Höhe wurde jahrelang gewählt, um die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts zu begründen, das für die Spezialmaterie des Wettbewerbsrechts für besser geeignet als das Amtsgericht gehalten wird. Seit der BGH (Beschl. v. 19.10.2016 – I ZR 93/15) entschieden hat, dass Vertragsstrafenansprüche aus einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung unabhängig vom Streitwert die Zuständigkeit des Landgerichts begründen, ist das Überschreiten des Betrags von 5.000,00 EUR sachlich nicht mehr erforderlich.

Die zweite Variante der Unterlassungserklärung ist die Vereinbarung einer in der Höhe nach billigem Ermessen erst noch zu bestimmenden und vom Gericht auf Billigkeit hin zu überprüfenden Vertragsstrafe (sog. neuer Hamburger Brauch) – ein Vorgehen, das vom BGH nicht für verpflichtend erklärt, aber als Alternative empfohlen wird (Urt. v. 13.11.2013 – I ZR 77/12).

III. Unterlassungserklärungsvorlage

1. Rechtliche Bedeutung

Der größte Teil aller Wettbewerbsstreitigkeiten wird durch Abmahnung als geschäftsähnliche Rechtshandlung und durch anschließende Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung (Unterwerfungserklärung) erledigt. Diese Art der außergerichtlichen Streitbeilegung hat der Gesetzgeber in § 12 Abs. 1 S. 1 UWG vorgesehen, wobei die Abmahnung keine Prozessvoraussetzung ist, sondern ihr Fehlen kostenmäßige Bedeutung in einem gerichtlichen Verfahren haben kann.

 

Hinweis:

Durch die Abgabe einer geeigneten Unterwerfungserklärung wird die Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr beseitigt, so dass gerichtliche Schritte dann nicht mehr notwendig sind (BGH, Urt. v. 12.1.2017 – I ZR 117/15 – YouTube-Werbekanal).

Die vom Gläubiger regelmäßig vorformuliert übermittelte Unterlassungserklärungsvorlage ist nur ein Vorschlag. Der Gläubiger ist nicht verpflichtet, eine solche zur Verfügung zu stellen. Allerdings trägt die Vorlage dazu bei, die Anspruchsvoraussetzungen und die Forderung darzulegen (s. LG München I, Urt. v. 18.10.2016 – 33 O 7872/16; Urt. v. 13.1.2010 – 28 O 688/09). Es ist letztendlich aber die Aufgabe des Verletzers, eine annahmefähige Unterlassungserklärung abzugeben. Daher ist es auch unerheblich, falls der Gläubiger zu viel fordert. In diesem Falle darf der Verletzer seine eigene Formulierung einschränkend anpassen, z.B. auf die konkrete Verletzungsform abstellen oder präziser formulieren (Fezer/Büscher/Obergfell/Büscher, UWG, 3. Aufl. 2016, § 12 Rn 19; Ahrens/Achilles, a.a.O., Kap. 8 Rn 12; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm, UWG, 36. Aufl. 2018, § 12 Nr. 1.17; OLG Köln, Urt. v. 18.9.2002 – 5 U 75/01). In der Übermittlung der Unterlassungserklärungsvorlage liegt ein Angebot auf Abschluss des Unterlassungsvertrags. Daher ist § 174 S. 1 BGB auf eine solche Abmahnung nicht anwendbar (BGH, Urt. v. 19.5.2010 – I ZR 140/08). Gibt der Verletzer die Unterlassungserklärung wie gefordert ab, kommt der Unterlassungsvertrag damit zustande. Formuliert der Verletzer die Vorlage um und übermittelt einen eigenen Vorschlag (modifizierte Unterlassungserklärung), so liegt darin ein neues Angebot auf Abschluss des Unterlassungsvertrags (§ 150 Abs. 2 BGB). Dieses muss der Gläubiger (sofern es annahmefähig ist) noch annehmen. Der Zugang der Annahmeerklärung ist nach § 151 BGB dann nicht erforderlich, wenn der Gläubiger darauf verzichtet hat (s. BGH, Urt. v. 18.5.2006 – I ZR 32/03; dort allerdings im Ergebnis offen gelassen). Die Darlegungs- und Beweislast für die erfolgte Annahme einer modifizierten Unterlassungserklärung trägt der Gläubiger.

Die schriftliche Unterlassungserklärung stellt betreffend das Vertragsstrafeversprechen ein abstraktes Schuldanerkenntnis i.S.d. §§ 780, 781 BGB dar (BGH, Urt. v. 17.9.2009 – I ZR 217/07). Allerdings bezieht sich dieses Anerkenntnis nicht auf den zugrunde liegenden Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 UWG oder den Kostenerstattungsanspruch aus § 12 Abs. 1 UWG (BGH, Urt. v. 24.9.2013 – I ZR 219/12).

Wer eine zu weit gehende Unterlassungserklärung ohne sorgfältige Prüfung unterzeichnet, ist daran gebunden. Wird diese vom Abmahner angenommen, so kommt ein Unterlassungsvertrag zustande. Auf die Frage, ob die ausgesprochene Abmahnung berechtigt war oder nicht, kommt es dann im Falle einer Vertragsstrafenforderung nicht mehr an (OLG Brandenburg, Urt. v. 29.4.2014 – 6 U 10/13; LG Stade, Urt. v. 26.3.2015 – 8 O 113/14; A...

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