Der Erlass einer einstweiligen Verfügung ist sowohl im Urteils- als auch im Beschlussverfahren zulässig. Im Verhältnis zur Hauptsache sind beide Verfahren nebeneinander zulässig, da sie grundsätzlich unterschiedliche Rechtsschutzziele und Wirkungen haben. Grundsätzlich dürfen nur vorläufige Maßnahmen angeordnet werden. Eine endgültige Befriedigung des Gläubigers soll im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht erreicht werden. Zentrale Norm ist § 62 Abs. 1 S. 1 ArbGG, wonach für Arrest und einstweilige Verfügung die Vorschriften des 8. Buchs der ZPO Anwendung finden (LAG Hamm, Urt. v. 6.5.2002 – 8 Sa 641/02, NZA-RR 2003, 178). Im Vordergrund der arbeitsgerichtlichen Praxis stehen sog. Befriedigungsverfügungen, z.B. zwecks Durchsetzung des Beschäftigungs- oder des Urlaubsanspruchs.

1. Zuständigkeit

Zuständig ist gem. § 937 Abs. 1 ZPO das Gericht der Hauptsache. Das ist im Regelfall das Arbeitsgericht, bei dem die Sache im normalen Klageverfahren anhängig gemacht werden müsste bzw. anhängig ist. Ist die Hauptsache bereits beim Landesarbeitsgericht anhängig, ist dieses für den Erlass der einstweiligen Verfügung zuständig (§ 943 Abs. 1 Alt. 2 ZPO). Ist indes bereits das Bundesarbeitsgericht mit der Hauptsache befasst, ist wiederum das Arbeitsgericht zuständig (§ 542 Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. § 943 ZPO).

Der Rechtsweg entspricht dem im Hauptsacheverfahren (§§ 2, 2a ArbGG). Die Prüfung der Zuständigkeit erfolgt von Amts wegen. Verweisungen wegen unzuständigen Rechtswegs oder wegen örtlicher Unzuständigkeit (§ 17a GVG, § 48 ArbGG) sind auch im Eilverfahren zulässig.

Urteile ergehen nach mündlicher Verhandlung durch die Kammer. Beschlüsse werden gem. § 53 Abs. 1 ArbGG von dem Vorsitzenden erlassen. § 944 ZPO kommt nicht zur Anwendung (Germelmann in: Germelmann/Matthes/Prütting, § 62 ArbGG Rn 71).

2. Verfahren

Das Verfahren im einstweiligen Verfügungsprozess ist ein summarisches Erkenntnisverfahren. Es gelten grundsätzlich die allgemeinen Regeln der Darlegungs- und Beweislast entsprechend. Allerdings ist die Beweisführung im einstweiligen Verfügungsverfahren leichter als in einem normalen Klageverfahren, da die sog. Glaubhaftmachung (§ 920 Abs. 2 ZPO) gestattet ist. Für die Glaubhaftmachung bedarf es keiner an Sicherheit grenzenden, sondern nur einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit. Die Erforderlichkeit des Vollbeweises ist mit dem Eilcharakter des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens unvereinbar und kann daher nicht verlangt werden.

Der Antragsteller hat einen Verfügungsanspruch und einen Verfügungsgrund sowie die Prozessvoraussetzung glaubhaft zu machen. Auch das Nichtvorliegen von Gegeneinreden und Gegeneinwendungen sind glaubhaft zu machen, soweit der Antragsteller dazu in der Lage ist. Verfügungsanspruch ist der materielle Anspruch, dessen Vereitelung oder Gefährdung durch Zeitablauf die einstweilige Verfügung verhindern soll.

Zur Glaubhaftmachung können die Verfahrensbeteiligten alle Mittel einsetzen, die der Überzeugungsfindung des Richters dienen und die Wahrnehmung über eine beweisbedürftige Tatsache ermöglichen (§ 294 ZPO). Zulässige Beweismittel sind dabei zunächst die klassischen Beweismittel wie Zeugen- und Urkundsbeweis, Sachverständige, Augenschein oder Beweis durch Einvernahme der Parteien. Weitere Mittel (vgl. Clemenz NZA 2005, 129) sind:

  • eigene bzw. fremde eidesstattliche Versicherungen (§ 294 Abs. 1 ZPO);
  • schriftliche Zeugenaussagen;
  • behördliche Auskünfte;
  • dienstliche Äußerungen;
  • anwaltliche Versicherungen;
  • Privatgutachten;
  • beglaubigte Fotokopien;
  • Tonbandaufnahmen;
  • elektronische Speichermedien;
  • Verweisung auf andere Gerichtsakten.
 

Hinweis:

Insbesondere eine Versicherung an Eides statt kommt im Eilverfahren in Betracht. Zu beachten ist insoweit, dass eine Versicherung an Eides statt eine eigene Darstellung der glaubhaft zu machenden Tatsachen enthalten muss und sich nicht in einer Bezugnahme auf Angaben oder Schriftsätze Dritter (z.B. des Bevollmächtigten) erschöpfen darf. Was der Rechtsanwalt in dieser Eigenschaft selbst wahrgenommen hat, kann er unter Berufung auf seine Standespflichten „anwaltlich versichern“.

Die Beweismittel müssen präsent sein, da das Arbeitsgericht in die Lage versetzt werden muss, die Beweise sofort zu erheben (§ 294 Abs. 2 ZPO). Daher ist das Angebot nicht mitgebrachter Zeugen oder die Bezugnahme auf vom Gericht erst einzuholende Auskünfte unzulässig.

Im Beschlussverfahren gilt trotz der Notwendigkeit der Glaubhaftmachung von Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund gem. § 83 Abs. 1 S. 1 ArbGG der Amtsermittlungsgrundsatz, d.h. das Gericht hat hier angemessen zu erforschen.

Eine Entscheidung über eine einstweilige Verfügung kann sowohl mit als auch ohne mündliche Verhandlung ergehen. Im Regelfall wird nach mündlicher Verhandlung durch Urteil bzw. Beschluss (im Beschlussverfahren) entschieden. Ein Gütetermin muss nicht durchgeführt werden. Will das Gericht aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, muss es eine Ladungsfrist von mindestens drei Tagen einhalten (§ 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG, § 217 ZPO). Eine Abkürzun...

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