Zwischen den Parteien besteht Streit über die Wirksamkeit der Zurückweisung einer ordentlichen Kündigung. Das fragliche Kündigungsschreiben vom 27.4.2012 war von dem Prokuristen und Personalleiter K mit dem Zusatz "ppa", von dem Personalsachbearbeiter G mit dem Zusatz "i.V." unterzeichnet. Laut Handelsregister war Herr K Gesamtprokurist der Beklagten und zusammen mit einem Geschäftsführer oder einem anderen Prokuristen vertretungsberechtigt. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 2.5.2012 wies der Kläger die Kündigung "mangels Nachweises der Vertretungsberechtigung des Unterzeichners" zurück. Das Schreiben ging noch am selben Tag per Telefax bei der Beklagten ein. Mit der erhobenen Kündigungsschutzklage rügt der Kläger die Wirksamkeit der Kündigung. Die Stellung von Herrn K als Personalleiter sei ihm nicht bekannt gewesen. Zwar sei er "eine Art Chef". Welche Aufgaben er im Unternehmen erfülle, sei ihm jedoch nicht bekannt gewesen. Die Beklagte meinte, die Zurückweisung der Kündigung durch den Kläger gehe ins Leere. Herr K als einer der beiden Unterzeichner sei ihr Personalleiter. Sie habe ihn in eine Stelle berufen, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden sei. Den Kläger habe sie davon in Kenntnis gesetzt.

Das LAG hatte angenommen, der Kläger habe die Kündigung nach § 174 S. 1 BGB mit rechtlichem Erfolg zurückgewiesen. Das BAG hob die Entscheidung auf und verwies zurück (BAG, Urt. v. 25.9.2014 – 2 AZR 567/13, NJW 2014, 3535, s. auch Alles/Zwarg, jurisPR-ArbR 49/2014, Anm. 3 und Gravenhorst, jurisPR-ArbR 49/2015 Anm. 4).

Dem Kündigungsschreiben war keine Originalvollmacht beigefügt. Das LAG hat zutreffend angenommen, der Kläger habe die Kündigung aus diesem Grund, und zwar mit Blick auf beide Unterzeichner, nach § 174 S. 1 BGB zurückgewiesen, weil der gesamte Inhalt des Schreibens die Rüge der Vertretung der Beklagten bei Kündigungsausspruch ersichtlich unter allen Gesichtspunkten erkennen ließ. Unschädlich ist, dass das Zurückweisungsschreiben des Klägers vom 2.5.2012 nicht mit einer vollen Unterschrift, sondern allenfalls mit einer Paraphe versehen war. Die Zurückweisung nach § 174 S. 1 BGB bedarf keiner bestimmten Form. Das Fehlen einer vollständigen Unterschrift könnte daher nur dann von Bedeutung sein, wenn es darauf schließen ließe, eine zurechenbare Willenserklärung, die Kündigung nach § 174 S. 1 BGB zurückzuweisen, sei (noch) gar nicht beabsichtigt gewesen. Die Zurückweisung ist unverzüglich i.S.v. § 174 S. 1 BGB erfolgt. Die Kündigung ist dem Kläger am Freitag, dem 27.4.2012, seine Zurückweisung ist der Beklagten am 2.5.2012 zugegangen. Dazwischen lagen nicht mehr als fünf Tage, einschließlich eines Wochenendes und des Feiertags am 1.5.

Das Zurückweisungsrecht ist nach § 174 S. 2 BGB ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber demjenigen, gegenüber dem das einseitige Rechtsgeschäft vorgenommen werden soll, die Bevollmächtigung (vorher) mitgeteilt hatte. § 174 BGB dient dazu, bei einseitigen Rechtsgeschäften klare Verhältnisse zu schaffen. Gewissheit können eine Vollmachtsurkunde oder ein In-Kenntnis-Setzen schaffen. Das In-Kenntnis-Setzen nach § 174 S. 2 BGB muss ein gleichwertiger Ersatz für die Vorlage einer Vollmachtsurkunde sein; dies ist bspw. der Fall, wenn der Arbeitgeber durch die Bestellung zum Prokuristen, Generalbevollmächtigten oder Leiter der Personalabteilung den Mitarbeiter in eine Stelle berufen hat, mit der üblicherweise ein Kündigungsrecht verbunden ist. Zwingend erforderlich ist, dass dies nach außen im Betrieb ersichtlich ist oder eine sonstige Bekanntmachung erfolgt. Der Erklärungsempfänger muss davon in Kenntnis gesetzt werden, dass der Erklärende die Stellung tatsächlich innehat.

Kündigt ein Prokurist, kann zweierlei vorliegen:

  1. Der Erklärungsempfänger hat keine Kenntnis von der Erteilung der Prokura bzw. der Prokuristenstellung, diese ist aber bereits länger als fünfzehn Tage im Handelsregister eingetragen, mit der Folge, dass im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs die Bevollmächtigung durch § 15 Abs. 2 HGB fingiert wird. K hatte nur Gesamtprokura zusammen mit einem Geschäftsführer oder einem anderen Prokuristen. Der weitere Unterzeichner des Kündigungsschreibens hatte als Sachbearbeiter keine entsprechende Stellung inne.
  2. Der kündigende Personalleiter ist zugleich (Gesamt-)Prokurist und die im Handelsregister publizierte Prokura deckt sein – alleiniges – Handeln nicht. Dann muss dem Kündigungsempfänger die Stellung des Kündigenden als Personalleiter bekannt sein, so dass dieser von einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung zum alleinigen Ausspruch von Kündigungen ausgehen muss. Für die unbeschränkte Vertretungsmacht eines Personalleiters zur Erklärung von Kündigungen spielt es keine Rolle, ob er in seiner Funktion als Gesamtprokurist – ansonsten – nur zur gemeinsamen Vertretung mit einem anderen Prokuristen oder einem gesetzlichen Vertreter des Arbeitgebers befugt ist.

Aus dem Umstand, dass K das Kündigungsschreiben mit dem Zusatz "ppa" unterz...

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