Das BAG hat seine Rechtsprechung zum Zugang für Klagen der GmbH-Geschäftsführer zum Arbeitsgericht geändert (s. Beschl. v. 22.10.2014 – 10 AZB 46/14, NZA 2015, 60 und Beschl. v. 3.12.2014 – 10 AZB 98/14, NZA 2015, 180, hierzu Lunk NJW 2015, 528, Stagat NZA 2015, 193 und Anm. ZAT 2015, 64).

Nach § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG gelten in Betrieben einer juristischen Person die Kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der juristischen Person berufenen Personen nicht als Arbeitnehmer. Diese unwiderlegliche gesetzliche Vermutung gilt u.a. für den GmbH-Geschäftsführer, der gem. § 35 Abs. 1 S. 1 GmbH die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich vertritt. Diese Rechtsfolge gilt ungeachtet seiner materiell-rechtlichen Rechtsstellung, also auch dann, wenn dieser nach allgemeinen Kriterien als Arbeitnehmer zu qualifizieren ist (s. hierzu etwa Sartorius/Bubeck, Sozialrecht in der arbeitsrechtlichen Praxis, 3. Aufl., Rn. 9 ff.).

 

Hinweis:

Auch Gesellschafter können in einem Arbeitsverhältnis zu der Gesellschaft stehen, deren Gesellschafter sie sind. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn ein Gesellschafter als Kapitaleigner einen so großen Einfluss auf die Führung der Gesellschaft hat, dass er über seine Gesellschafterstellung letztlich auch über die Leitungsmacht verfügt. In diesem Fall unterliegt er nicht dem Weisungsrecht des Geschäftsführers. Ob ein solcher Einfluss besteht, richtet sich in erster Linie nach den Stimmrechtsverhältnissen. Dementsprechend kann regelmäßig ein Gesellschafter, dem mehr als 50 % der Stimmrechte zustehen, nicht zugleich Arbeitnehmer dieser Gesellschaft sein. Auch der Minderheitsgesellschafter ist bei Bestehen einer Sperrminorität im Regelfall kein Arbeitnehmer (BAG, Beschl. v. 17.9.2014 – 10 AZB 43/14, NZA 2014, 1293).

Das BAG ist in früheren Entscheidungen davon ausgegangen, dass die Fiktion des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG für sämtliche Ansprüche gilt, die ihren Entstehungsgrund im Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers haben. Dies führte bei Klagen auf Leistungen, die auf dem der Organstellung zugrundeliegenden Rechtsverhältnis beruhten, zur Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit auch dann, wenn der Geschäftsführer im Zeitpunkt der Klageerhebung gar nicht mehr im Amt war, während bei Bestandsschutzstreitigkeiten das BAG bei der Anwendung von § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung abstellte.

Mit dem Wechsel der Zuständigkeit der Rechtsmaterie Arbeitnehmerstatus ist die Zuständigkeit für die Frage der Reichweite der Fiktion des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG inzwischen vom 5. auf den 10. Senat übergegangen. Nachdem dieser schon früher entschieden hatte, dass die Vorschrift des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG nur den Zeitraum umfasst, in dem die Organstellung besteht und nach der Abberufung als Organmitglied die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten nach dieser Vorschrift nicht im Wege steht (BAG, Bschl. v. 26.10.2012 – 10 AZB/60/12, NZA 2013, 54), hat es nunmehr in den Beschlüssen vom 22.10.2014 und 3.12.2014 (NZA 2015, 60 u. NZA 2015, 180) entschieden, dass es für die Beendigung der Fiktion des § 5 Abs. 3 S. 1 ArbGG bei einer Niederlegung des Amtes durch den Geschäftsführer nicht auf die Eintragung in das Handelsregister ankommt, da diese lediglich rein deklaratorische Wirkung habe und insofern ohne Bedeutung sei. Allein die Amtsniederlegung führe dazu, dass sich die Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit bei Rechtsstreitigkeiten zwischen dem früheren Geschäftsführer und der Gesellschaft nach allgemeinen Grundsätzen richten.

Faktisch besteht für den GmbH-Geschäftsführer ein Rechtswegwahlrecht. Ist ein GmbH-Geschäftsführer zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit einer vor dem Arbeitsgericht erhobenen Klage noch nicht abberufen gewesen und hatte er sein Amt noch nicht niedergelegt, steht einer Zuständigkeit der Arbeitsgerichte zunächst § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG entgegen. Die Sperrwirkung dieser Norm entfällt jedoch, wenn die Abberufung oder Amtsniederlegung vor einer rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtswegzuständigkeit noch erfolgt. Zwar richte sich, so das BAG, die Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs zunächst nach den tatsächlichen Umständen zum Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit. Nachträgliche Veränderungen führten grundsätzlich nicht zum Verlust des einmal gegebenen Rechtswegs. Dieser in § 17 Abs. 1 S. 1 GVG enthaltene Grundsatz der perpetuatio fori gelte jedoch nur rechtswegerhaltend. Alle bis zur letzten Tatsachenverhandlung eintretenden Umstände, welche die zunächst bestehende Unzulässigkeit des Rechtswegs beseitigen, seien dagegen zu berücksichtigen, sofern nicht vorher ein (rechtskräftiger) Verweisungsbeschluss ergeht.

Prozessual gelten vor den Gerichten für Arbeitssachen Besonderheiten:

  1. Vor den Gerichten für Arbeitssachen erster Instanz ist die Kostenerstattung eines Prozessbevollmächtigten ausgeschlossen, § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG; hierüber ist die Partei bei Mandatsübernahme zu belehren, § 12a Abs. 1 S. 2 ...

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