a) Pflegeversicherung

Zum 1.1.2015 ist das erste Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 17.12.2004 (BGBl. I, 2014, 2222) in Kraft getreten (Erstes Pflegestärkungsgesetz). Das Gesetz enthält zunächst Leistungsverbesserungen bei der häuslichen Pflege:

Nahezu sämtliche Leistungsbeträge werden erhöht durch Umsetzung der Dynamisierungsklausel in § 30 SGB XI; Flexibilisierung der Nutzung von häuslicher Ersatz- und stationärer Kurzzeitpflege, §§ 39, 42 SGB XI; Leistungsausweitungen der Kombination von Pflegesachleistungen und Tages- bzw. Nachtpflege, § 41 SGB XI; Ausweitung der niedrigschwelligen Betreuungsleistungen in § 45 Abs. 1 SGB XI und Öffnung auch für Pflegebedürftige ohne Einschränkung der Alltagskompetenz, § 45a Abs. 1a SGB XI; Zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen, die in Form neuartiger Kombinationsmöglichkeiten durch § 45b Abs. 3 SGB XI eröffnet werden.

Leistungsverbesserungen treten auch in der stationären Pflege ein durch Dynamisierung der Leistungen und durch die Zur-Verfügung-Stellung zusätzlicher Finanzmittel für Betreuungspersonen in diesen Einrichtungen zur Verbesserung der Betreuungsrelation.

Der Beitragssatz in der Pflegeversicherung erhöht sich um 0,3 %.

Zeitlich mit dem o.g. Gesetz wurde ebenfalls mit Wirkung zum 1.1.2015 durch Art. 8 des Gesetzes zur besseren Vereinbarkeit von Familien, Beruf und Pflege vom 23.12.2014, BGBl. I, S. 2462 in § 44a SGB XI als neue Leistung der Pflegeversicherung ein Pflegeunterstützungsgeld für pflegende Angehörige eingeführt. In Unternehmen mit mehr als 15 Beschäftigten haben alle Arbeitnehmer – wie bisher – gem. § 2 PflegeZG einen Anspruch auf sofortige Freistellung von der Arbeit – und zwar ohne Vorankündigung – für bis zu zehn Arbeitstage. Diese Höchstfrist gilt für jeden Akutfall. Bisher entfiel in diesem Fall der Anspruch auf die Arbeitsvergütung nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB, Vergütung konnte nur aufgrund einer besonderen gesetzlichen Regelung beansprucht werden. Das PflegeZG enthielt keine solche Regelung, ob sich ein solcher Anspruch aus § 616 BGB in allen Fällen herleiten konnte, war fraglich. Seit 1.1.2015 besteht für Beschäftigte i.S.v. § 7 Abs. 1 PflegeZG ein Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld nach § 44a SGB XI. Dessen Höhe orientiert sich am Kinderpflegekrankengeld (§ 45 Abs. 2 S. 3–5 SGB V). Die Zahlung erfolgt aus der Pflegeversicherung der Pflegebedürftigen.

Zur einer grundlegenden Reform der Pflegeversicherung, verbunden mit der Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs – der die nicht verständliche Ungleichbehandlung von Pflegebedürftigen mit somatischen und kognitiven Einschränkungen beseitigen soll – ist es nicht gekommen. Die Fortführung der Reform durch ein zweites Pflegestärkungsgesetz ist für das Jahr 2016 vorgesehen.

 

Hinweis:

Wegen weiterer Einzelheiten zu den am 1.1.2015 eingetretenen Rechtsänderungen verweisen wir auf die Ausführungen bei Udsching, juris PR-SozR 3/2015 Anm. 1, s. ferner Richter NJW 2015, 1271.

b) PflegeZG und FPfZG

Zum 1.1.2015 haben sich vor dem Hintergrund von rund zwei 2 Mio. ambulant versorgten pflegebedürftigen Menschen zudem durch das Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie Pflege und Beruf im Pflegezeitgesetz (PflegeZG) und im Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) Änderungen ergeben. Es besteht nunmehr nicht nur ein Rechtsanspruch des Beschäftigten auf Pflegezeit, sondern auch auf Familienpflegezeit. Somit überschneiden sich die Gesetze in wichtigen Teilen, sie weisen hinsichtlich der Freistellungsansprüche Gemeinsamkeiten aber auch Unterschiede auf. Nur das Pflegezeitgesetz sieht eine vollständige Freistellung vor, eine teilweise Freistellung ist nach beiden Gesetzen möglich. Die Legaldefinition der Pflegezeit findet sich in § 3 Abs. 1 S. 1 PflegeZG, die der Familienpflegezeit in § 2 Abs. 1 S. 1 FPfZG. Der für einen Anspruch zu überschreitende Schwellenwert der Unternehmensgröße beträgt im PflegeZG 15 und FPfZG 25 Beschäftigte nach Kopfzählung, wobei Auszubildende nur im PflegeZG mitgezählt werden (zu Leiharbeitnehmern: vgl. Lembke NZA 2013, 815; Henssler/Willemsen/Kalb-Lembke, 6. Aufl. 2014, § 3 PflegeZG Rn. 4). Pflegezeit kann bis zu sechs Monaten in Anspruch genommen werden, Familienpflegezeit längstens 24 Monate. Bei einer Freistellung nach dem FPfZG beträgt die Mindestarbeitszeit 15 Stunden, das Pflegezeitgesetz sieht insofern keine Mindestarbeitszeit vor. Den Sonderkündigungsschutz regelt § 2 Abs. 3 FPfZG i.V.m. § 5 PflegeZG; er ist beschränkt auf höchstens zwölf Wochen vor dem angekündigten Beginn der Freistellung bis zur Beendigung (Linck BB 2008, 2738, 2743; a.A. ohne Beschränkung auf zwölf Wochen: Thüringer LAG, Urt. v. 2.10.2014 – 6 Sa 345/13; das Revisionsverfahren 2 AZR 701/14 wurde durch Vergleich beigelegt). Die Abgrenzung der beiden Ansprüche, d.h. die Ermittlung, ob Beschäftigte im konkreten Fall Pflegezeit oder Familienpflegezeit in Anspruch nehmen wollen, ergibt sich aus § 2a S. 3–6 FPfZG bzw. aus den inhaltlich übereinstimmenden § 3 Abs. 3 S. 3–6 PflegeZG.

 

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