Die Umdeutung dient dem Ziel, den von den Parteien erstrebten wirtschaftlichen Erfolg zu verwirklichen, wenn zwar das von ihnen gewählte rechtliche Mittel unzulässig ist, aber ein anderer, rechtlich gangbarer Weg zur Verfügung steht. Eine Umdeutung kommt nur dann in Betracht, wenn die Voraussetzungen einer anderen, dem gleichen Zweck dienenden Handlung erfüllt sind. Entscheidend ist die Frage, ob der Empfänger den Beendigungswillen der anderen Partei hinsichtlich des Vertragsverhältnisses unzweifelhaft erkennen konnte. Deshalb kann eine unwirksame Anfechtungserklärung in eine außerordentliche Kündigung umgedeutet werden. Voraussetzung ist, dass die formellen und materiellen Voraussetzungen einer solchen Kündigung erfüllt sind und das Mietverhältnis auf jeden Fall beendet werden soll (BGH NJW 2006, 2696). Demgegenüber kann ein Angebot auf Abschluss eines Mietaufhebungsvertrages ebenso wenig in eine Kündigungserklärung umgedeutet werden, da hier für den Adressaten gerade nicht erkennbar ist, dass ein einseitiges Gestaltungsrecht ausgeübt werden soll, wie ein unwirksamer Zeitmietvertrag. Während eine unwirksame Kündigung in eine Abmahnung umgedeutet werden kann, gilt das für den umgekehrten Fall nicht. Die Umdeutung einer Rücktrittserklärung in eine Kündigung ist demgegenüber möglich, da hier der Beendigungswille deutlich zum Ausdruck kommt.

Die Umdeutung einer unwirksamen außerordentlichen fristlosen Kündigung in eine ordentliche Kündigung ist in der Wohnraummiete nur in Einzelfällen möglich. Eine solche Umdeutung ist auf Ausnahmefälle beschränkt (BGH WuM 2005, 585; NJW 1981, 976; LG Saarbrücken NZM 2015, 692). Erforderlich ist auf jeden Fall, dass der Kündigungsadressat erkennen kann, dass das Mietverhältnis auf jeden Fall, wenn auch zu einem späteren Termin, beendet werden soll (BGH NZM 2018, 515; NJW 2013, 3361; NJW 2003, 3053, 3054; NJW 2003, 1043; NJW 2003, 1143, 1144). Hier ist ein äußerst strenger Maßstab anzulegen, weshalb eine Umdeutung einer ohne Begründung abgegebenen und deshalb gem. § 569 Abs. 4 BGB unwirksamen außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist (AG Köln WuM 2016, 249). Erforderlich ist in einem solchen Fall regelmäßig die hilfsweise Erklärung einer ordentlichen Kündigung. Umgedreht ist auch die Umdeutung einer fristgerechten Kündigung in eine außerordentlich fristlose Kündigung im Regelfall nicht möglich (OLG Saarbrücken NZM 2011, 720; Flatow, WuM 2004, 316), weil die Wirkungen des Ersatzgeschäfts nicht weitergehen dürfen als diejenigen des unwirksamen Geschäfts.

 

Hinweis:

Haben sich Mieter oder Vermieter bei der Berechnung der Kündigungsfrist verrechnet, muss unterschieden werden, ob es sich um einen erkennbaren Fehler für die Gegenseite handelt, dann gilt das tatsächlich Gewollte, oder ob es sich um eine falsche rechtliche Bewertung handelt, die ggf. auch für die Gegenseite nicht erkennbar war. Im letzten Fall kommt eine Umdeutung nur dann in Betracht, wenn für den Kündigungsadressaten erkennbar ist, dass das Mietverhältnis auf jeden Fall beendet werden soll, also z.B. im Kündigungsschreiben auch steht "frühestmöglich", "so schnell wie möglich" o.Ä. Dann kommt eine Umdeutung zum früheren Termin in Betracht.

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