Das BAG hatte durch Beschluss vom 18.8.2016 (8 AZB 16/16, NJW 2017, 107 m. Anm. Fölsch; bestätigt durch Beschl. v. 26.1.2017 – 9 AZB 46/16, Volltext www.bundesarbeitsgericht.de) zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen eine PKH-Bewilligung wegen nicht mitgeteilter Adressenänderung aufgehoben werden kann. Dem Kläger war im Jahre 2014 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt worden. Anfang des Jahres 2015 konnte ein Überprüfungsschreiben der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts dem Kläger unter der bisher angegebenen Anschrift nicht zugestellt werden. Die Anschrift des Klägers wurde dann durch das Einwohnermeldeamt der Stadt im Juli 2015 dem Arbeitsgericht mitgeteilt, das dann den PKH-Beschluss des Jahres 2014 nach § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO aufhob. Das Arbeitsgericht half der sofortigen Beschwerde des Klägers nicht ab, nach Vorlage wies das LAG den Rechtsbehelf zurück und ließ die Rechtsbeschwerde zu. Diese hatte Erfolg und führte zur Aufhebung und Zurückverweisung:

Gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO in der seit dem 1.1.2014 geltenden Fassung soll das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei entgegen § 120a Abs. 2 Nr. 1-3 ZPO dem Gericht wesentliche Verbesserungen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder Änderungen ihrer Anschrift absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtig oder nicht unverzüglich mitgeteilt hat. Das BAG hat entschieden, § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO sei dahingehend auszulegen, dass es für die Aufhebung der PKH-Bewilligung nicht ausreiche, dass die Partei dem Gericht eine wesentliche Verbesserung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder eine Änderung der Anschrift nicht unverzüglich mitteilt. Vielmehr trete die Rechtsfolge nur ein, wenn ein qualifiziertes Verschulden der Partei in Form der Absicht oder der groben Nachlässigkeit besteht. Die Stellung der Tatbestandsvoraussetzung "unverzüglich" in § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO und der mögliche Wortsinn schließen es zwar nicht von vorneherein aus, dass bei Nichtmitteilung der geforderten Angaben ein qualifiziertes Verschulden der Partei nicht erforderlich ist, mithin einfaches Verschulden ausreiche, die PKH-Bewilligung aufzuheben. Für die gefundene Auslegung spricht jedoch – so das BAG – die Systematik der Vorschrift, ihre Entstehungsgeschichte und deren Sinn und Zweck; auch trägt die Vorschrift so verfassungsrechtlichen Vorgaben hinreichend Rechnung.

 

Hinweis:

Da das LAG bislang keine Feststellungen getroffen hatte, die die Annahme grober Fahrlässigkeit des Klägers begründen könnte, war das BAG an einer eigenen Sachentscheidung gehindert und hat die Sache gem. § 577 Abs. 4 S. 1 ZPO zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

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