Beiden Entscheidungen ist im Ausgangspunkt gemein, dass kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für die Gesellschafter vereinbart und dass das vertragliche Wettbewerbsverbot ausschließlich in der Satzung der GmbH geregelt wurde. Der entscheidende und nicht zuletzt für die Praxis bedeutsame Unterschied ist, auf welche unterschiedlichen Arten ein gesellschaftsvertraglich vereinbartes Wettbewerbsverbot unwirksam werden kann:

Während es im Falle des OLG Nürnberg auf die Beendigung der Gesellschafterstellung (in Kombination mit einem umfassenden Abstimmungsverbot) ankam, reichte für das OLG Stuttgart bereits die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses aus. Allgemein formuliert können also bestimmte Satzungsregelungen (z.B. Ruhen des Stimmrechts) eine weiterhin bestehende Einflussnahmemöglichkeit aufgrund einer Stellung als Geschäftsführer überlagern. Umgekehrt ist es ebenso denkbar, dass die Beendigung einer Geschäftsführertätigkeit oder eines Arbeitsverhältnisses ein gesellschaftsvertragliches Wettbewerbsverbot (je nach Umfang der konkreten Gesellschaftsbeteiligung) „aushebeln” kann.

Die Entscheidung des OLG Nürnberg ist vor dem Hintergrund der BGH-Rechtsprechung konsequent: Wenn es nach Auffassung des BGH für die Unwirksamkeit eines Wettbewerbsverbots bereits ausreicht, dass sich die Mitgliedschaftsrechte eines Gesellschafters nach erklärter Kündigung auf die Durchsetzung seines Abfindungsanspruchs beschränken, so muss ein Wettbewerbsverbot erst recht unwirksam werden, wenn in der Satzung explizit ein generelles Abstimmungsverbot für die Zeit ab Erklärung der Kündigung vorgesehen ist (zustimmend auch Haase GmbHR 2021, 93 ff.). Nachvollziehbar ist auch, dass sich im Ergebnis die für einen Übergangszeitraum fortbestehende organschaftliche Stellung als Geschäftsführer nicht ausgewirkt hat: Aufgrund des satzungsmäßigen Abstimmungsverbots hatte der betroffene Gesellschafter eine Stellung inne, die mit der eines Fremdgeschäftsführers vergleichbar ist. Konsequenterweise kann dieser Umstand keine (zusätzliche) Einflussnahmemöglichkeit darstellen, um doch noch zur Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots zu gelangen.

In der Entscheidung des OLG Stuttgart werden v.a. die möglichen Wechselwirkungen zwischen gesellschaftsvertraglichen und arbeitsvertraglichen Regelungen deutlich. Die Quintessenz der Entscheidung liegt darin, dass der Bestand eines Arbeits-/Dienstverhältnisses konkrete Auswirkungen auf ein gesellschaftsvertragliches Wettbewerbsverbot haben kann. Bei der Frage, ob ein in der Satzung einer GmbH vorgesehenes Wettbewerbsverbot Wirksamkeit entfaltet, ist demnach auch die sich aus einem Arbeitsverhältnis ergebende (etwaige) Einflussnahmemöglichkeit auf die Gesellschaft in den Blick zu nehmen (zustimmend daher Heckelmann jurisPR-HaGesR 6/2019 Anm. 4, welcher von einer „Symbiose gesellschaftsrechtlicher und arbeitsvertraglicher Wettbewerbsverbote” spricht; kritischer dagegen, i.E. aber ebenfalls zustimmend Lieder/Bialluch EWiR 2019, 493 f.)

Beiden Entscheidungen ist daher zuzustimmen. Bei der Beurteilung der Wirksamkeit von gesellschaftsvertraglichen Wettbewerbsverboten kommt es im Wesentlichen darauf an, ob ein Gesellschafter in der Lage ist, aufgrund der vertraglich getroffenen Vereinbarungen/Regelungen, Einfluss auf die Geschäftsführung und damit auf Angelegenheiten der Gesellschaft nehmen kann. Da ein Wettbewerbsverbot im Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft wirkt, ist stets die innere Stellung eines Gesellschafters in der Gesellschaft entscheidend. Unerheblich ist dagegen, wie er (z.B. in welcher Funktion, etc.) nach außen Dritten gegenüber auftritt (BGH, Urt. v. 5.12.1983 – II ZR 242/82, BGHZ 89, 162 ff. = NJW 1984, 1351 ff.).

 

Hinweis:

Wettbewerbsverbote können aber auch dann gerechtfertigt sein, wenn der betroffene (Minderheits-)Gesellschafter zwar auf Gesellschafterebene nicht mehr formal Einfluss auf die Angelegenheiten der Gesellschaft und die Entscheidungsfindung nehmen kann, er jedoch aus anderen Gründen Einblicke in Unternehmensinterna hat, welche er für eine Konkurrenztätigkeit in gesellschaftswidriger Weise verwenden könnte. In der Rechtsprechung ist daher bspw. anerkannt, dass ein Wettbewerbsverbot gegenüber einem Kommanditisten wirksam ist, der als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH Leitungsfunktion ausübte und Zugang zu sämtlichen wettbewerbsrelevanten Unternehmensinformationen sowie Kenntnis von Abnehmern und Konditionen im Vertrieb hatte, sodass er ohne Weiteres in der Lage wäre, die Absatzstrategie für ein Konkurrenzunternehmen auf den Vertrieb der Gesellschaft abzustellen und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit der Gesellschaft empfindlich zu beeinträchtigen (s. hierzu LG Verden, Teilurt. v. 11.3.2019 – 10 O 61/18; KG Berlin, Urt. v. 6.3.2014 – 2 W 1/14 Kart; Herrlinger/Biria WuW 2020, 580 ff.).

Wenngleich beiden Entscheidungen eine GmbH als Gesellschaftsform zugrunde lag, die Entscheidungen also im Bereich des Kapitalgesellschaftsrechts ergangen sind, so lassen sie sich auch ...

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