Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Geltung eines umfassenden vertraglichen Wettbewerbsverbots nach Austritt aus der Gesellschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Ein an einen Gesellschafter gerichtetes umfassendes Wettbewerbsverbot in dem Gesellschaftsvertrag einer GmbH ist im Lichte von Art. 12 Abs. 1 GG einschränkend in dem Sinne auszulegen, dass es nur bis zum wirksamen Austritt aus der Gesellschaft gilt.

 

Normenkette

BGB § 138 Abs. 1; GG Art. 12 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Urteil vom 22.04.2020; Aktenzeichen 3 HK O 392/20)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 22.04.2020, Az. 3 HK O 392/20, in Nr. 1 des Tenors abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Dem Verfügungskläger wird vorläufig bis zum 31.12.2020 gestattet und der Verfügungsbeklagten wird vorläufig bis zum 31.12.2020 zu dulden aufgegeben, dass der Verfügungskläger bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Verfahrens in der Hauptsache als Geschäftsführer oder in sonstiger Weise für ein Konkurrenzunternehmen der Verfügungsbeklagten tätig wird.

Im Übrigen wird der Antrag des Verfügungsklägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung des Verfügungsklägers und die Berufung der Verfügungsbeklagten werden zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge haben der Verfügungskläger 1/3 und die Verfügungsbeklagte 2/3 zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 64.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. 1. Die Parteien streiten um ein Wettbewerbsverbot.

Der Verfügungskläger ist seit dem Jahr 2004 Gesellschafter der Verfügungsbeklagten mit einem Geschäftsanteil in Höhe von 50%.

Unternehmensgegenstand der Verfügungsbeklagten ist die Planung, der Vertrieb und die Ausführung sowie die Inbetriebnahme und die Wartung von regeltechnischen Anlagen und IT-Netzwerken, die Lieferung sämtlicher dafür erforderlichen Komponenten und jede sonstige Tätigkeit, die für diesen Unternehmenszweck förderlich erscheint Die Satzung der Verfügungsbeklagten (Anlage AS 2) enthält folgende Regelungen

§ 12 der Satzung:

"Jeder Gesellschafter kann mit einer Frist von 12 Monaten zum Schluss eines Geschäftsjahres seinen Austritt aus der Gesellschaft erklären. Die Gesellschaft wird durch den Austritt nicht aufgelöst; vielmehr scheidet der austretende Gesellschafter aus der Gesellschaft aus. Ab Zugang der Austrittserklärung bei der Gesellschaft ruht das Stimmrecht des Austretenden bis zum Ausscheiden aus der Gesellschaft."

§ 13 der Satzung:

"Kein Gesellschafter darf der Gesellschaft während seiner Vertragszeit unmittelbar oder mittelbar, unter eigenem oder fremdem Namen, für eigene oder fremde Rechnung im Geschäftsbereich der Gesellschaft Konkurrenz machen oder sich als Mitunternehmer an einem Konkurrenzunternehmen beteiligen. ... Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot wird nicht vereinbart."

Der Verfügungskläger wurde neben dem weiteren Gesellschafter ... zum Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten bestellt. Der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom 31.12.2004 (Anlage AS 12) enthält in seinem § 3 Abs. 1 ein Wettbewerbsverbot für den Verfügungskläger, von dem dieser nicht befreit wurde.

Mit Schreiben vom 23.12.2019 erklärte der Verfügungskläger seinen Austritt aus der Verfügungsbeklagten (Anlage AS 4), der nach der Satzung der Gesellschaft zum 31.12.2020 wirksam wird.

Mit weiterem Schreiben vom selben Tag (Anlage AG 17) erklärte der Verfügungskläger die ordentliche Kündigung des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages zum 30.06.2020.

Mit Schreiben vom 12.02.2020 kündigte der Verfügungskläger das Arbeitsverhältnis mit der Verfügungsbeklagten fristgemäß zum 31.03.2020.

Am 18.02.2020 fand eine Gesellschafterversammlung statt, bei der der Verfügungskläger als Geschäftsführer abberufen wurde.

Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 19.02.2020 (Anlage AS 7) kündigte der Verfügungskläger den Geschäftsführer-Anstellungsvertrag fristlos.

In der Gesellschafterversammlung vom 06.03.2020 sprach die Verfügungsbeklagte die außerordentliche Kündigung des Geschäftsführer-Anstellungsverhältnisses aus (Anlage AG 12).

Der Verfügungskläger ist an folgenden Unternehmen beteiligt, die im Wettbewerb zur Verfügungsbeklagten stehen, und dort jeweils zum Geschäftsführer bestellt:

  • ... GmbH, ...; Unternehmensgegenstand: Planung, Entwicklung, Vertrieb, Installation und Wartung in den Bereichen Automations-, Regelungs-, Informations- und Netzwerktechnik; gegründet am 20.03.2020; der Verfügungskläger ist Mitgesellschafter zu 50%;
  • ...UG (haftungsbeschränkt), ...; Unternehmensgegenstand: Consulting im Bereich Building Automation, Automations-, Regelungs-, Informations- und Netzwerktechnik; gegründet am 20.03.2020; der Verfügungskläger ist alleiniger Gesellschafter.

Der Verfügungskläger hat erstinstanzlich insbesondere vorgetragen, dass er im Verhältnis zur Verfügungsbeklagten keinem Wettbewerbsverbot unterliege. Das gesellschaftsvertragliche Wettbewerbsverbot s...

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