Hat der Tatrichter in den Urteilsgründen nicht auf das Beweisfoto verwiesen, sei es, dass er diese Möglichkeit nicht gesehen hat, sei es, dass das vom Verkehrsverstoß gefertigte Lichtbild wegen schlechter Qualität für eine Verweisung nicht geeignet ist oder sei es schließlich, dass die Verweisung nicht prozessordnungsgemäß ist, muss er in seinem Urteil einen erhöhten Begründungsaufwand einhalten. Es genügt dann nämlich für die Identifizierung des Betroffenen als Fahrer weder, dass der Tatrichter (nur) das Ergebnis seiner Überzeugungsbildung mitteilt, noch, dass er bloß die von ihm zur Identifizierung herangezogenen Merkmale/Kennzeichen der auf dem Foto abgebildeten Person auflistet (BGHSt 41, 376; OLG Bamberg DAR 2011, 401; OLG Hamm NZV 2003, 101 = zfs 2003, 154; StraFo 2005, 297; vgl. u.a. auch OLG Düsseldorf zfs 2004, 337, Burhoff/Gübner, OWi, Rn. 2704 ff.). Vielmehr muss er dem Rechtsbeschwerdegericht, dem das Foto – wegen der fehlenden Verweisung – dann nicht als Anschauungsobjekt zur Verfügung steht, durch eine entsprechend ausführliche Beschreibung die Prüfung ermöglichen, ob das Bild für eine Identifizierung geeignet ist (KG DAR 2006, 158; OLG Bamberg NZV 2008, 166 = DAR 2008, 348; OLG Düsseldorf VRR 2007, 194 = VA 2007, 53 = VRS 112, 43; OLG Rostock, Beschl. v. 10.10.2013 – 2 Ss-OWi 152/13). In diesem Fall muss das Urteil also Ausführungen zur Bildqualität enthalten (vgl. u.a. OLG Dresden DAR 2000, 279; OLG Hamm NZV 1997, 89). Darüber hinaus muss die abgebildete Person oder es müssen jedenfalls mehrere Identifizierungsmerkmale so präzise beschrieben werden, dass dem Rechtsmittelgericht anhand der Beschreibung in gleicher Weise wie bei einer Betrachtung des Fotos die Prüfung seiner Ergiebigkeit ermöglicht wird (OLG Hamm, OLG Dresden, jeweils a.a.O.). Die Zahl der vom Tatrichter zu beschreibenden Merkmale kann dabei umso kleiner sein, je individueller sie sind und je mehr sie in ihrer Zusammensetzung geeignet erscheinen, eine bestimmte Person sicher zu erkennen. Dagegen muss die Beschreibung mehr Merkmale umfassen, wenn die geschilderten Merkmale – wie z.B. "ovales Gesicht", "hoher Haaransatz" – auf eine Vielzahl von Personen zutreffen und daher weniger aussagekräftig sind. Entscheidend ist eine Beschreibung und Darstellung solcher Merkmale, an denen eine Person intuitiv wieder erkannt werden kann (OLG Düsseldorf VRR 2007, 194 = VA 2007, 49 = VRS 112, 43; DAR 2011, 408); vgl. dazu www.bsi.bund.de. Umstände, die eine Identifizierung erschweren können, muss der Tatrichter ebenfalls schildern (BGH a.a.O.; Burhoff/Gübner, OWi, Rn. 2704 ff.; vgl. auch noch OLG Bamberg DAR 2011, 595, 597).

 

Checkliste Beweisfoto:

  • 1. Alternative: Wird auf ein Beweisfoto verwiesen?

    Falls nein: Das Urteil muss Ausführungen zur Bildqualität und zu Identifizierungsmerkmalen enthalten.
    Falls ja: Wird prozessordnungsgemäß Bezug genommen?
    Falls nein: Übergang zur 2. Alternative: Das Urteil muss Ausführungen zur Bildqualität und zu Identifizierungsmerkmalen enthalten.
    Falls ja: Ist das Beweisfoto zur Identifizierung uneingeschränkt geeignet?
    Falls ja: In der Regel muss das Urteil Aufnahmeort- und -zeit des Radarfotos mitteilen und außerdem, ob es sich um eine männliche oder weibliche Person handelt.
    Falls nein: Der Tatrichter muss ggf. erörtern, warum ihm die Identifizierung anhand des Beweisfotos gleichwohl möglich ist.
  • 2. Alternative: Es wird nicht oder nicht ordnungsgemäß auf das Beweisfoto verwiesen:

    Das Urteil muss auf jeden Fall Ausführungen zur Bildqualität und zu Identifizierungsmerkmalen enthalten.

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