Umstritten war in der obergerichtlichen Rechtsprechung, ob ggf. auch auf einen von dem Verkehrsverstoß gefertigten Videofilm verwiesen werden kann. Das wurde vom OLG Zweibrücken (OLG Zweibrücken VRS 102, 102) und vom OLG Dresden (OLG Dresden NZV 2009, 520 = VRR 2009, 313 = VA 2009, 160 = StRR 2010, 78) bejaht, vom OLG Brandenburg (OLG Brandenburg DAR 2005, 635; NStZ-RR 2010, 89 = StRR 2010, 77 = VRR 2010, 75 = VA 2010, 51) hingegen verneint. Nach Auffassung des OLG Brandenburg (a.a.O.) finden die Grundsätze zur Täteridentifizierung keine Anwendung, vielmehr seien die Beweise nach den allgemeinen Regeln zu würdigen. Das OLG Hamm hatte die Frage offen gelassen, zweifelte aber an der Zulässigkeit (OLG Hamm VA 2010, 52 = StRR 2010, 198 = VRR 2010, 232).

Offen gelassen hatte zunächst auch der 5. Strafsenat des BGH diese Frage (BGH VRR 2011, 433 = StRR 2012, 24). Inzwischen hat der 2. Strafsenat des BGH dazu aber Stellung genommen (BGHSt 57, 53 = NJW 2012, 244 = VA 2012, 30 = VRR 2012, 71 = StRR 2012, 63 = NZV 2012, 143 m. Anm. Sandherr; StV 2013, 73; so dann auch KG, Beschl. v. 13.3.2014 – 3 Ws (B) 76/14 – 122 Ss 29/14; OLG Jena VA 2012, 66 = NZV 2012, 144 = zfs 2012, 168; OLG Saarbrücken VA 2013, 104). Er verneint anders als u.a. das OLG Dresden (a.a.O.) die Frage, ob ein Film eine Abbildung i.S.d. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO sein könne. Abbildungen seien nur "statische Aufnahmen". Damit finden bei der Täteridentifizierung nicht die Grundsätze von BGHSt 41, 376 Anwendung, sondern muss der Tatrichter die Bild-/Filmqualität und die Identifizierungsmerkmale eingehend beschreiben.

aa) Geeignetes Foto

Nach der Rechtsprechung des BGH in BGHSt 41, 376 hat der Tatrichter zunächst die Möglichkeit, dass er in den Urteilsgründen gem. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG auf das in der Akte befindliche Foto von dem Verkehrsverstoß Bezug nimmt. Aufgrund dieser Bezugnahme, die deutlich und zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht sein muss, wird das Lichtbild zum Bestandteil der Urteilsgründe. Ist das geschehen, kann das Rechtsbeschwerdegericht das Foto aus eigener Anschauung würdigen und ist daher dann auch in der Lage zu beurteilen, ob es als Grundlage einer Identifizierung – überhaupt – tauglich ist (so inzwischen auch allg. Meinung der OLG, vgl. z.B. grundlegend BayObLG DAR 1999, 370; KG DAR 2006, 158; OLG Bamberg DAR 2012, 215; OLG Brandenburg zfs 2010, 527; OLG Dresden zfs 2008, 707; OLG Düsseldorf zfs 2004, 337; VRR 2013, 393;OLG Hamm DAR 1996, 245 = NStZ-RR 1996, 24; StraFo 2005, 297 = NZV 2006, 162 = DAR 2005, 461 = VRS 108, 435; NStZ-RR 2009, 250; OLG Karlsruhe DAR 1995, 337; zu einem Sonderfall OLG Hamm VA 2006, 69).

Macht der Tatrichter von der Möglichkeit der Bezugnahme Gebrauch, sind darüber hinausgehende Ausführungen zur Beschreibung des abgebildeten Fahrzeugführers entbehrlich, wenn das Foto – wie z.B. ein (Front-)Radarfoto, das die einzelnen Gesichtszüge erkennen lässt – zur Identifizierung uneingeschränkt geeignet ist. Es ist dann weder eine Auflistung der charakteristischen Merkmale, auf die sich die Überzeugung von der Identität des Fahrers mit dem Betroffenen stützt, erforderlich, noch müssen diese Merkmale und das Maß der Übereinstimmung beschrieben werden. Es reicht aus, wenn das Urteil nur mitteilt, dass es sich bei dem in Bezug genommenen Lichtbild um ein – nach Aufnahmeort und -zeit näher bezeichnetes Radarfoto handelt, das das Gesicht einer männlichen oder weiblichen Person zeigt (zu allem die vorstehend zitierte OLG-Rspr.).

Bei dem in Bezug genommenen Lichtbild muss es sich um ein "gutes" Foto handeln, also um eines, das die Identifizierung ermöglicht (BGHSt 41, 376; OLG Bamberg DAR 2012, 215; OLG Düsseldorf DAR 2011, 408; OLG Hamm zfs 2005, 413 = DAR 2005, 462 = NZV 2006, 162; NStZ-RR 2009, 250; zur Bildqualität s.a. BGH NStZ 2005, 458). Ob das der Fall ist, kann das Rechtsbeschwerdegericht, da das Lichtbild durch die Bezugnahme ja Bestandteil der Urteilsgründe geworden ist, aus eigener Anschauung beurteilen. Ausführungen muss der Tatrichter dazu also grds. nicht machen. Das ist erst wieder erforderlich, wenn das Foto – etwa aufgrund schlechterer Bildqualität, bspw. wegen einer erheblichen Unschärfe oder aufgrund seines Inhalts, z.B. wenn das Gesicht des Fahrers teilweise durch den Rückspiegel verdeckt ist – zur Identifizierung nur eingeschränkt geeignet ist (s.a. dazu OLG Brandenburg StraFo 2011, 402 = VRR 2012, 117 = VA 2012, 65; OLG Hamm a.a.O.; Beschl. v. 20.5.2003 – 1 Ss 334/03 [geeignet, wenn nur ein kleiner Teil des Gesichts vom Innenrückspiegel verdeckt ist]; zfs 2005, 413; OLG Zweibrücken StraFo 2001, 135). Dann muss er in den Urteilsgründen erörtern, warum er gleichwohl den Fahrer hat identifizieren können (BGHSt 41, 376; OLG Hamm NZV 2003, 101 = zfs 2003, 154; ähnlich OLG Bamberg DAR 2012, 215 = NZV 2012, 250; OLG Brandenburg StraFo 2012, 402 = VA 2012, 65 = VRR 2012, 117; zum erforderlichen Umfang der Ausführungen bei einem Vergleich mit einem Führerscheinfoto KG VRS 100, 385; 109, 117). Dabei sind an seine Begr...

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