Solche konkreten Anlässe ergeben sich z.B.

  • bei einem anstehenden Vertragsende mit Mieterwechsel und dem damit verknüpften Wunsch, dem möglichen neuen Mieter die Räume zu zeigen,
  • ebenso bei einem geplanten Verkauf der Immobilie mit dem Wunsch der Besichtigung mit Kaufinteressenten und Maklern,
  • v.a. im Falle eines angezeigten Mangels zur Ermittlung und Begutachtung der behaupteten Mangellage einschl. Ursachenforschung und Reparatur,
  • bei einer bekannt gewordenen unerlaubten Wohnungsnutzung im Hinblick auf eine Hygienesituation, einen Schadenseintritt, eine unerlaubte Aufnahme Dritter, und
  • schließlich im Falle einer unerlaubten Tierhaltung bzw. im Hinblick auf eingetretene Tierschäden etc.

Müssen Notmaßnahmen ergriffen werden, um Gefahren für Leib und Leben von Bewohnern oder für die Bausubstanz abzuwenden (z.B. Brandbekämpfung, Wasserrohrbruch, ausströmendes Gas), so kann es an einem Zutritts- und Besichtigungsrecht keinerlei Zweifel geben. Der dringende Schutz von Leben, körperlicher Unversehrtheit und Eigentum als verfassungsmäßig verbriefte Grundrechte wiegt dann höher als die Angst eines Mieters vor einer Ansteckung mit Covid-19. Denn solche Ansteckungsgefahren gehören zum allgemeinen Lebensrisiko und sind so lange hinzunehmen, wie sie abstrakter Natur sind (OLG Köln, Urt. v. 23.3.2004 – 22 U 139/03, GE 2005, S. 362 f; so auch die Wertung im Reiserecht bei Pandemien: BGH, Urt. v. 16.5.2017 – X ZR 142/15, Rn 7, 12, höhere Gewalt kann keiner der Vertragsparteien als Risiko zugeordnet werden).

Jenseits dieser Schwelle werden anlassbezogene Besichtigungsrechte zuerkannt, doch steht ihre Durchsetzbarkeit unter dem Verdikt der Zumutbarkeit für den Mieter. Das kommt zum Tragen, wenn es sich bei dem Mieter um eine Person einer Risikogruppe handelt, die aufgrund fortgeschrittenen Alters oder aufgrund von Vorerkrankungen besonders infektionsgefährdet erscheint. Beruft sich der Mieter gegen ein geltend gemachtes Besichtigungsrecht des Vermieters darauf, so kann der Vermieter einen fachärztlichen Nachweis durch Attest verlangen. Einzelheiten zu eventuell vorherrschenden Krankheitsbildern muss das Attest aus Gründen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Mieters und auch aus datenschutzrechtlichen Gründen (Art. 9 DSGVO-2018) nicht ausweisen. Denn medizinische personenbezogene Daten gelten als besonders schützenswert.

Wird der Nachweis innerhalb der hier aufgezeigten Grenzen aber nicht geführt, ist ein Besichtigungsrecht unter Wahrung der landesrechtlich aufgegebenen Hygienekonzepte (Abstand, Maske, Desinfektion, begrenzte Personenanzahl, Lüftung) anzunehmen. Selbstverständlich kann der Mieter schon in Wahrnehmung seines Hausrechts derartige Vorkehrungen innerhalb der Besichtigung der Mieträume auch verlangen. Ebenfalls kann es keinem Zweifel unterliegen, dass der Mieter Kraft seines Hausrechts erkennbar symptomatischen Personen den Zutritt verweigern kann (zum Hausrecht des Mieters Kraft Mietvertrags: BGH, Urt. v. 5.6. 2014 – VIII ZR 289/13, juris; OLG Hamm, Urt. v. 22.1.2016 – 11 U 67/15, NJW 2016, 1454 f = NZM 2016, 316).

 

Hinweis:

Virtuelle Besichtigungen werden in aller Regel ihrem Zweck nicht gerecht und stellen deshalb keine wirkliche Alternative zu persönlichen Terminen dar.

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