Wie in jedem Jahr hatte sich der BGH auch 2020 mit den Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist zur Begründung eines Rechtsmittels auseinanderzusetzen. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter anderem zu gewähren, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die Begründungsfrist einzuhalten. Dabei ist das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten der Partei zuzurechnen (§ 85 Abs. 2 ZPO).

Die Sorgfaltspflicht in Fristsachen verlangt von einem Anwalt, alles ihm Zumutbare zu tun, um die Wahrung von Rechtsmittelfristen zu gewährleisten. Überlässt er die Berechnung und Notierung von Fristen einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Bürokraft, hat er durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Wie der VI. Zivilsenat nunmehr zu Recht betont hat, gelten diese Grundsätze unabhängig davon, ob die Rechtsmittelfristen in einer Handakte, die in herkömmlicher Form als Papierakte geführt wird, notiert werden oder ob auf eine elektronische (datenbankförmige) Akte zurückgegriffen wird (Beschl. v. 23.6.2020 – VI ZB 63/19 m. krit. Anm. Siegmund NJW 2020, 2643). Auch der Umstand, dass das Fristversäumnis dem Anwalt in einem nur Legal-Tech-gestützt zu bewältigenden Massenverfahren unterlief, vermag nichts am Umfang der ihn treffenden Organisationspflichten zu ändern.

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