Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat Ende August 2019 insgesamt 20 Eckdaten der geplanten Reform des anwaltlichen Gesellschaftsrechts vorgestellt. In dem Eckpunktepapier bekräftigt das Ministerium, dass reine Kapitalbeteiligungen von Gesellschaftern, die nicht in der Gesellschaft tätig sind, zum Schutz der anwaltlichen Unabhängigkeit weiterhin verboten bleiben sollen. Allerdings hat das BMJV angekündigt, gewisse Lockerungen dieses sog. Fremdkapitalverbots für eng begrenzte Fälle zu erwägen. So will es eine Ausnahme etwa für Beteiligungen nicht mehr aktiver Berufsangehöriger mit der Maßgabe prüfen, dass die Einhaltung des anwaltlichen Berufsrechts – beispielsweise durch eine Höchstgrenze für Beteiligungen und neue Berufspflichten der Rechtsanwälte – besonders abgesichert wird. Zudem steht die Überlegung im Raum, reine Kapitalbeteiligungen auch mit dem Ziel zu erlauben, alternative Finanzierungswege durch sog. Wagniskapital für solche Rechtsanwälte zu eröffnen, die sich z.B. im Legal-Tech-Bereich hohen Anfangsinvestitionen gegenübersehen. Ob diese Ausnahmen vom "Fremdbesitzverbot" tatsächlich Gesetz werden, darf allerdings angesichts des von BRAK und DAV bereits deutlich artikulierten Widerstands bezweifelt werden.

Auch im Übrigen birgt das Eckpunktepapier Sprengstoff. Nach den Vorstellungen des BMJV soll der Kreis der sozietätsfähigen Berufe, der sich bislang im Wesentlichen auf Steuerberater und Wirtschaftsprüfer begrenzt, i.R.d. anstehenden Reform deutlich erweitert werden. Künftig sollen Angehörige aller "vereinbaren" Berufe Gesellschafter von Berufsausübungsgesellschaften sein dürfen. Hierunter fallen alle Berufe, die Rechtsanwälte bereits jetzt als Zweitberuf ausüben dürfen. Eine solche Öffnung würde bedeuten, dass Anwälte sich mit beinahe jedem Berufstätigen zur gemeinschaftlichen Berufsausübung zusammenschließen dürften. Im Wesentlichen wäre ihnen nur die berufliche Zusammenarbeit mit Maklern verwehrt, deren Provisionsinteresse sich anerkanntermaßen nicht mit der anwaltlichen Unabhängigkeit verträgt (vgl. Henssler in Henssler/Prütting, BRAO, 5. Aufl. 2019, § 7 Rn 105).

Im Übrigen dürfte es gegen die Vorstellungen des BMJV, die in vielerlei Hinsicht dem Gesetzesvorschlag folgen, den der Kölner Universitätsprofessor Martin Henssler 2018 im Auftrag des DAV (AnwBl Online 2018, 564; vgl. auch DAV-Stellungnahme Nr. 8/2019, AnwBl Online 2019, 257) ausgearbeitet hat, keine grundsätzlichen Vorbehalte geben. Festgeschrieben werden soll etwa, dass einer Berufsausübungsgesellschaft alle nationalen und europäischen Rechtsformen zur Verfügung stehen. Erst im Rahmen des für diese Legislaturperiode ebenfalls vorgesehenen Gesetzesvorhabens zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts soll allerdings entschieden werden, ob den Anwälten künftig sogar – wie von vielen Seiten gefordert – die GmbH & Co. KG als Rechtsform eröffnet wird. Dagegen soll erstmals in der BRAO das Schicksal ausländischer Berufsausübungsgesellschaften, die (auch) auf dem deutschen Markt auftreten wollen, geregelt werden.

Allgemein sollen für die Berufsausübungsgesellschaften rechtsformneutrale und soweit wie möglich einheitliche berufsrechtliche Regelungen geschaffen werden. Teil dieses rechtsformneutralen Ansatzes ist es, dass künftig für sämtliche Berufsausübungsgesellschaften auf Mehrheitserfordernisse für Gesellschafter sowie Geschäftsführer verzichtet werden soll, wie sie die BRAO bislang für die interprofessionelle Zusammenarbeit in einer GmbH formuliert. Das BMJV will zudem der Berufsausübungsgesellschaft selbst und nicht mehr nur den in ihr zusammengeschlossenen Anwälten eine berufsrechtliche Stellung zubilligen. So sollen in Zukunft auch Berufsausübungsgesellschaften samt der Namen der in ihnen tätigen Rechtsanwälte in einem von der BRAK geführten elektronischen Verzeichnis erfasst werden. Auf diese Weise soll Transparenz für den Rechtsverkehr geschaffen werden. Außerdem soll im Gesetz verankert werden, dass Berufsausübungsgesellschaften jeder Rechtsform selbst befugt sind, Rechtsdienstleistungen zu erbringen, sowie dass solche Gesellschaften vor Gericht postulationsfähig sind, soweit sie durch persönlich befugte Personen handeln. Schließlich sollen Berufsausübungsgesellschaften selbst Träger von Berufspflichten und Adressaten berufsrechtlicher Sanktionen werden können. Wie eine Berufsausübungsgesellschaft die Einhaltung des Berufsrechts sicherstellt, soll ihr dabei selbst überlassen werden. Der zum Teil geäußerte Vorschlag, einen gesonderten Berufsrechtsbeauftragten oder "Compliance Officer" zu benennen, wurde vom BMJV nicht aufgegriffen. Zudem sollen Berufsausübungsgesellschaften künftig eine eigenständige Berufshaftpflichtversicherung abschließen und unterhalten müssen.

Hiermit verbunden werden soll eine eigenständige berufsrechtliche Zulassung aller anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften, die das Gesetz bislang nur für die Rechtsanwaltsgesellschaft mbH vorsieht. In unproblematischen Fällen wie etwa...

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