Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat anlässlich des diesjährigen Deutschen Anwaltstags in Leipzig (15.–17.5.2019) vor einer weiteren Aushöhlung der Beschuldigtenrechte gewarnt. Er wendet sich damit gegen die aktuellen Pläne der Bundesregierung zu Änderungen in der StPO.

Das derzeitige Verfahrensrecht, so der Verein, biete bereits ausreichende Möglichkeiten zur Ablehnung missbräuchlicher Befangenheits- und Beweisanträge. Erst im Sommer 2017 sei zudem eine Einschränkung des Beweisantragsrechts durch die Möglichkeit der Fristsetzung für Beweisanträge eingeführt worden. Die nun geplante Abkehr vom Erfordernis einer "wesentlichen" Verfahrensverzögerung berge das Risiko einer vorschnellen Ablehnung, da jeder Beweisantrag das Verfahren zumindest minimal verzögern könne. Bevor keine Evaluation der letzten Maßnahmen erfolgt sei, entbehrten weitere Einschränkungen ohnehin jeglicher Grundlage. "Beweisantragsrechte sind das verfassungsrechtlich verbürgte Recht des Angeklagten auf sachliche Teilhabe am Beweisstoff", mahnte Rechtsanwältin und Notarin Edith Kindermann, Präsidentin des DAV. Sie dienten nicht der Verfahrensbehinderung, sondern seien oft die einzige Möglichkeit des Angeklagten, auf die Beweiserhebung in der Hauptverhandlung Einfluss nehmen zu können. Da es im Strafverfahren keinen Anspruch auf ein Rechtsgespräch gebe, würden Beweisanträge oft gestellt, um das Meinungsbild des Gerichts zu eruieren – das sei Teil eines fairen Verfahrens.

Der Möglichkeit einer Bündelung der Nebenklage steht der DAV allerdings offen gegenüber. "Wir haben keine generellen Vorbehalte gegen Maßnahmen zur Prozessökonomie von Strafverfahren", so Kindermann, "nur gegen solche Vorhaben, durch die Beschuldigtenrechte verkürzt werden".

Als unverständlich rügen die Anwaltsvertreter die Vorbehalte der Politik gegen die Einführung einer audiovisuellen Dokumentation der Hauptverhandlung. Diese sei von übergeordneter Bedeutung, gerade auch aus prozessökonomischen Gesichtspunkten. Das Ergebnis wären nicht nur weniger Fehler bzw. eine bessere Beweisbarkeit von Rechtsfehlern, sondern gerade auch die Vermeidung zeitraubender Rekonstruktionen von Zeugenaussagen oder gar von Doppelprozessen bei Richterwechseln. Im EU-Vergleich liege der deutsche Strafprozess, in dem es grundsätzlich keine Wortprotokolle gebe, in Sachen Dokumentation auf den hintersten Plätzen.

[Quelle: DAV]

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