Die Überlegungen des BGH in seiner Entscheidung zum Elternunterhalt lassen sich auf andere Unterhaltsverhältnisse und speziell auf den Ehegattenunterhalt übertragen (Finke FF 2019, 2; Borth FamRZ 2019, 160; ders. FamRZ 2017, 682; Norpoth NZFam 2017, 307).

So führt der BGH aus, dass es hinsichtlich der vom Unterhaltspflichtigen erbrachten Tilgungsleistungen an einer Vermögensbildung "zu Lasten" des Unterhaltsberechtigten fehlt, wenn und soweit den Tilgungsanteilen noch ein einkommenserhöhender Wohnvorteil auf Seiten des Unterhaltspflichtigen gegenübersteht. Denn ohne die Zins- und Tilgungsleistung gäbe es den Wohnvorteil in Form einer ersparten Miete nicht. Daraus folgt, dass die über den Zinsanteil hinausgehenden Tilgungsleistungen bis zur Höhe des Wohnwerts anzurechnen sind, ohne dass dies die Befugnis des Pflichtigen zur Bildung eines zusätzlichen Altersvorsorgevermögens schmälert (BGH, Beschl. v. 18.1.2017 – XII ZB 118/16, a.a.O., Rn 33).

Nach der neuesten Rechtsprechung des BGH sind folglich auf einen vorhandenen Wohnvorteil zunächst die Zinsen und dann auch die Tilgungsleistungen anzurechnen, bis der Wohnvorteil aufgebraucht ist (Dose NZFam 2018, 429, 436). Denn der Erwerb und die Finanzierung des Wohneigentums gehen nur dann zu Lasten des Unterhaltsberechtigten, wenn dadurch das Einkommen geschmälert würde. An einer Einkommensschmälerung zu Lasten des Unterhaltsberechtigten fehlt es aber, wenn und soweit den Tilgungsanteilen ein einkommenserhöhender Wohnvorteil auf Seiten des Unterhaltspflichtigen gegenübersteht.

 

Hinweis:

Ohne die Zins- und Tilgungsleistungen gäbe es auch den Wohnvorteil in Form einer ersparten Miete nicht. Erreichen Zins- und Tilgungsleistungen die Höhe des Wohnvorteils nicht, bleibt in Höhe der Differenz ein einkommenserhöhender Wohnvorteil anrechenbar. Übersteigen die Zins- und Tilgungsleistungen hingegen den Wohnvorteil, wird er durch die Belastungen völlig aufgebraucht. Daraus folgt, dass die über den Zinsanteil hinausgehenden Tilgungsleistungen bis zur Höhe des Wohnwerts anzurechnen sind, ohne dass dies die Befugnis des Pflichtigen zur Bildung eines zusätzlichen Altersvorsorgevermögens schmälert. Darüber hinausgehend kann der dann noch übersteigende Tilgungsanteil nur noch als Vermögensbildung zu Lasten des Unterhaltsberechtigten im Rahmen der sekundären Altersvorsorge berücksichtigt werden (BGH, Beschl. v. 18.1.2017 – XII ZB 118/16, a.a.O.; Dose NZFam 2018, 429, 436).

In einer anderen Entscheidung zum Ehegattenunterhalt gibt der BGH dem OLG, an das die Sache zurückverwiesen wurde, den abschließenden Hinweis, auf der Grundlage der Rechtsprechung im Beschl. v. 18.1.2017 (XII ZB 118/16, a.a.O.) im Zusammenhang mit dem angerechneten Wohnvorteil die Berücksichtigung auch der Tilgungsleistungen des Antragsgegners in Betracht zu ziehen (BGH, Beschl. v. 4.7.2018 – XII ZB 448/17, FamRZ 2018, 1506).

Es ist daher davon auszugehen, dass diese geänderte Rechtsprechung auch für den Ehegattenunterhalt Anwendung finden soll (Finke FF 2019, 2; Borth FamRZ 2019, 160; ders. FamRZ 2017, 682; Norpoth NZFam 2017, 307; Schürmann FamRZ 2018, 1041, 1045), auch wenn der BGH das weder im Leitsatz noch in den Gründen seiner Entscheidung deutlich gemacht hat und diese Änderung der Rechtsprechung daher in der familienrechtlichen Praxis bislang weitgehend unbeachtet geblieben ist (Finke FF 2019, 2, 3). Die Entscheidung des BGH stellt nicht auf die Besonderheiten des Elternunterhalts ab, sondern argumentiert mit Überlegungen, die auf jedes Unterhaltsverhältnis zutreffen (Finke FF 2019, 2, 3).

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