Für die Klage des Reisenden gegen den Reiseveranstalter sind die Gewährleistungsrechte, soweit sie auf Zahlung gerichtet sind, von Bedeutung. Sie zu unterscheiden ist für eine schlüssige Klage von großer Bedeutung.

a) Abhilfe, § 651c Abs. 2 BGB

Abhilfe bedeutet die Herstellung eines mangelfreien Zustands. Der Veranstalter stellt eine gleichwertige oder höherwertige Leistung zur Verfügung, so dass die Ist-Beschaffenheit der Reise wieder der Soll-Beschaffenheit entspricht. In der anwaltlichen Praxis spielt die Abhilfe vor allem eine Rolle, wenn es um die Frage geht, ob eine während der Reise durch den Veranstalter zur Verfügung gestellte Abhilfe Minderungsansprüche ausschließt. Besteht etwa ein Minderungsanspruch wegen Mängeln an der Unterbringung, wenn der Reisende ein durch den Veranstalter angebotenes Ersatzhotel ablehnt?

Die Abhilfe ist dann nicht hinreichend, wenn sie nicht kostenfrei ist. Die häufige Taktik des Reiseveranstalters, eine Ersatzleistung nur gegen Aufpreis anzubieten, reicht nicht aus. Ansonsten ist zu prüfen, ob die Ersatzleistung den Charakter der Reise unangetastet lässt (BGH BGHZ 161, 389), die Abhilfe für den Reisenden persönlich zumutbar ist (OLG Frankfurt in NJW-RR 1988, 632) und der Veranstalter den Reisemangel nicht bewusst wider Treu und Glauben herbeigeführt hat (Führich, Handbuch des Reiserechts, § 7 Rn 144). Durch diese Voraussetzung wird verhindert, dass der Veranstalter zunächst bewusst eine durch ihn nicht erfüllbare Leistung verspricht, um dann vor Ort auf eine "Rettung" zu hoffen. Bei einem Wechsel der Unterkunft sprechen einige Gerichte oder Abteilungen/Kammern (LG Frankfurt/M., AG Berlin-Charlottenburg, LG Berlin) stets eine Minderung zu, weil jedweder Unterkunftswechsel ein Mangel sei. Hieran sind Zweifel geboten, der bearbeitende Anwalt sollte in diesem Fall die Rechtsprechung des zuständigen Gerichts prüfen.

Der Einwand des Reiseveranstalters, er habe keine Abhilfe anbieten können, weil der Reisende danach nicht verlangt habe, ist unbeachtlich. Solange der Reisende den Mangel anzeigt, muss er nicht zusätzlich Abhilfe verlangen; es ist Sache des Veranstalters diese für ihn in der Regel günstigere Möglichkeit anzubieten.

 

Hinweis:

Annehmen muss der Reisende nur eine Abhilfe, die zur Mangelfreiheit führt. Verbessert sich der Mangel nur durch die Abhilfe, ohne dass er vollständig beseitigt wird, muss der Reisende dies nicht akzeptieren.

b) Selbstabhilfe und Aufwendungsersatz, § 651c Abs. 3 BGB

Leistet der Reiseveranstalter, ohne dazu berechtigt zu sein, keine Abhilfe innerhalb einer vom Reisenden gesetzten Frist, steht dem Reisenden ein Vorschussanspruch zu (der in der Praxis nicht relevant ist) und ein Aufwendungsersatzanspruch. Typische Fälle dieses Anspruchs sind Kosten des Reisenden, um Mängel selber abzustellen. Hierzu gehören Kosten für einen Ersatztransport, wenn der Veranstalter keine angemessene Alternative zur Verfügung stellt, sowie alle übrigen Kosten, die ein verständiger Reisender aufwenden darf, um einem Mangel abzuhelfen. Die Wertungen des § 254 BGB finden Anwendung.

Der Anspruch setzt eine Fristsetzung des Reisenden voraus; auf die Notwendigkeit dieses Erfordernis muss der Reiseveranstalter ausdrücklich hinweisen (in der Reisebestätigung, § 6 Abs. 2 Nr. 7 BGB-InfoV oder in einem dem Reisenden zur Verfügung gestellten Prospekt, § 6 Abs. 4 BGB-InfoV). Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn der Veranstalter ernsthaft und endgültig einer Abhilfe verweigert hat oder die sofortige Abhilfe durch ein Interesse des Reisenden geboten ist. Auch im Falle einer Kenntnis des Reiseveranstalters vom Mangel, kann der Reisende ohne Frist dem Mangel selbst abhelfen (BGH NJW 2012, 2107).

 

Hinweis:

Fehlt es an einer Fristsetzung sollte bereits in der Klage vorgetragen werden, warum eine Fristsetzung nicht erforderlich war. Die Beweislast hierfür trägt der Reisende.

c) Minderung, § 651d BGB

Durch die Minderung wird das gestörte Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung hergestellt. Sie gibt dem Reisenden einen Zahlungsanspruch gegen den Veranstalter. Gemindert wird der Reisepreis für die Dauer eines Mangels, beginnend ab der Anzeige des Mangels (oder dem Auftreten des Mangels, wenn die Anzeige entbehrlich ist) bis zu einer wirksamen Abhilfe, einem Ende des Mangels oder dem Urlaubsende.

Wichtig ist bei der Berechnung also zunächst die Grundlage zu ermitteln. Die in der Regel in einem Prozentbetrag ausgesprochene Minderung wird ausgehend vom Tagesreisepreis berechnet. Der Gesamtreisepreis, ohne Versicherungsprämien, zusätzliche gebuchte Nebenleistungen oder Sonderleistungen wird durch die Anzahl der Reisetage geteilt. Der so ermittelte Tagesreisepreis dient dann als Ausgangsgrundlage. Die in § 651d Abs. 1 BGB erwähnte werkvertragliche Berechnungsformel erfordert eine verhältnismäßige Herabsetzung. Der prozentuale Minderwert wird dann in der Regel durch Schätzung ermittelt. Wesentliche Grundlagen sind die Schwere des Mangels, der Nutzen der Reise und seine Beeinträchtigung (Führich, Handbuch des Reiserechts, § 8 Rn 27). Ausschlaggebend sind objektive Kriterien; subjektive Empfindsamkeiten...

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