Das Wichtigste in Kürze:
1. | Als Kronzeuge wird allgemein der Straftäter angesehen, dem der Staat dafür, dass er sein Wissen über die Straftaten anderer offenbart, Zugeständnisse hinsichtlich der Verfolgung oder Bestrafung wegen eigener Taten macht. |
2. | In § 46b StGB ist eine "Kronzeugen-Regelung" enthalten, die jedoch als eine reine Strafzumessungsregel ausgebildet ist. |
3. | Als sog. kleine Kronzeugenregelung werden die Vorschriften § 31 BtMG, § 129 Abs. 6 Nr. 2 StGB bezeichnet. |
Rdn 4110
Literaturhinweise:
Bohn, Die Beschränkung des § 46b StGB auf Zusammenhangstaten vor dem Hintergrund des Schuldprinzips, HRRS 2016, 201
Conen, Der Kronzeuge, StraFo 2018, 227
Füllkrug, Unzulässige Vorteilszusicherung als verbotene Vernehmungsmethode – zugleich ein Beitrag zur Fernwirkung von Beweisverwertungsverboten, MDR 1989, 119
Hoyer, Die Figur des Kronzeugen, JZ 1994, 233
Kaspar/Christoph, Kronzeugenregelung und Strafverteidigung Ergebnisse einer Befragung von Strafverteidigerinnen und Strafverteidigern zur Aufklärungs- und Präventionshilfe gem. § 46b StGB, StV 2016, 318
König, Wieder da: Die "große" Kronzeugenregelung, NJW 2009, 2481
ders., "Kronzeuge – abschaffen oder regulieren?" StV 2012, 113
Kotz, Beschränkung der Möglichkeit zur Strafmilderung bei Aufklärung- und Präventionshilfe, StRR 2013, 208
Maier, Aus der Rechtsprechung des BGH zu § 46b StGB, NStZ-RR 2011, 329
ders., Aus der Rechtsprechung des BGH zu § 46b StGB, NStZ-RR 2014, 161
ders., Aus der Rechtsprechung des BGH zu § 46b StGB, NStZ-RR 2016, 37
ders., Aus der Rechtsprechung des BGH zu § 46b StGB, NStZ-RR 2018, 364
Malek, Die neue Kronzeugenregelung und ihre Auswirkungen auf die Praxis der Strafverteidigung, StV 2010, 200
Oglakcioglu, Höchstrichterliche Rechtsprechung zur Aufklärungshilfe – eine erste Zwischenbilanz, StraFo 2012, 89
Peglau, Die neue "Kronzeugenregelung" (§ 46b StGB), wistra 2009, 409
ders., Neues zur "Kronzeugenregelung" – Beschränkung auf Zusammenhangstaten, NJW 2013, 1910
Schmandt, Höchstrichterliche Anforderungen an besondere Beweiskonstellationen – Aussage gegen Aussage, Aussagen von Mitbeschuldigten oder des "Kronzeugen", StraFo 2010, 446
Sahan/Berndt, Neue Kronzeugenregelung – aktive Beendigung von Korruptionssystem durch effiziente Compliance-Strukturen alternativlos, BB 2010, 647
Stern, Heute Beschuldigter – morgen "Kron"-Zeuge. Der Rollentausch als Ermittlungsmethode, StraFo 2002, 185
Strate, Mit Taktik zur Wahrheitsfindung – Probleme der Verteidigung in Betäubungsmittelverfahren, ZRP 1987, 318
s.a. die Hinw. bei → Zeuge, Allgemeines, Teil Z Rdn 4071.
Rdn 4111
1. Als Kronzeuge wird allgemein der Straftäter angesehen, dem der Staat dafür, dass er sein Wissen über die Straftaten anderer offenbart, Zugeständnisse hinsichtlich der Verfolgung oder Bestrafung wegen eigener Taten macht (Eisenberg, Rn 992). Im anglo-amerikanischen Recht ist das Rechtsinstitut seit langem anerkannt, in Deutschland ist eine gesetzliche Regelung dieser Art erst in den 1970er Jahren bei der Bekämpfung und Aufklärung terroristischer Straftaten erwogen und schließlich verabschiedet worden (Meyer-Goßner, [44. Aufl.] vor Art. 1 KronzG Rn 2 m.w.N.). Eine Ausdehnung der zunächst nur auf terroristische Straftaten beschränkten sog. Kronzeugenregelung auf den Bereich der organisierten Kriminalität ist dann später durch das VerbrechensbekämpfungsG v. 28.10.1994 erfolgt. Die Regelungen waren zunächst bis zum 31.12.1995 begrenzt, sind dann aber bis zum 31.12.1999 verlängert worden. Eine weitere Verlängerung ist nicht mehr erfolgt, sodass die Regelung nach dem KronzG ausgelaufen ist (zur früheren Regelung s.a. König NJW 2009, 2481).
Rdn 4112
2.a) In § 46b StGB ist inzwischen eine andere "Kronzeugen-Regelung" enthalten, die jedoch als eine reine Strafzumessungsregel ausgebildet ist. Diese Regelung, die seit dem 1.9.2009 in Kraft ist, ist im Gesetzgebungsverfahren bei der Sachverständigenanhörung weitgehend kritisiert worden (vgl. die Nachw. bei Peglau wistra 2009, 409 Fn 2 u. 7; Kotz StRR 2013, 208; zu allem a. BT-Drucks 16/6268 und 16/13094; krit. zur Strafzumessungsregelung a. Stern StraFo 2002, 185; Conen StraFo 2018, 227). Die Kritik an der Neuregelung ist auch nach Einführung der Vorschrift des § 46b StGB nicht verstummt (vgl. die Nachw. in Fn 4 bei Oglakcioglu StraFo 2012, 89).
Rdn 4113
Die (Neu-)Regelung des § 46b StGB ist dann bereits 2013 erneut geändert worden. Durch das "Gesetz zur Beschränkung der Möglichkeit zur Strafmilderung bei Aufklärungs- und Präventionshilfe [46. StrÄndG])" v. 10.6.2013 ist mit Wirkung vom 1.8.2013 die "Kronzeugenregelung" eingeschränkt worden. Sie kommt jetzt nur noch zur Anwendung, wenn sich die Angaben des Kronzeugen auf eine Tat beziehen, "die mit seiner Tat im Zusammenhang" steht (vgl. dazu Kotz StRR 2013, 208, 209 f.; Peglau NJW 2013, 1910; Bohn HRRS 2016, 201). Diese Einengung soll den Gleichklang zu der "kleinen Kronzeugenregelung" im BtMG (vgl. Teil Z Rdn 4116) herstellen, wo die Rspr. einen solchen "Zusammenhang" fordert.
Rdn 4114
Aus Platzgründen kö...
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