Rz. 731

In der Praxis werden neu eintretenden Kommanditisten von den Gründungsgesellschaftern bereits fertig formulierte Gesellschaftsverträge vorgelegt, auf deren Inhalt die Kommanditisten keinen Einfluss mehr haben. Derartige Gesellschaftsverträge werden von der Rechtsprechung nach rein objektiven Kriterien ausgelegt. Maßgeblich ist allein der schriftliche Inhalt des Vertrages. Vorstellungen der Gründungsgesellschafter, die in dem Vertrag keinen Niederschlag gefunden haben, sind nicht zu berücksichtigen.[1] Die Pflichten der Kommanditisten müssen im Gesellschaftsvertrag unmissverständlich zum Ausdruck kommen.[2] Bei fehlender Eindeutigkeit werden Klauseln, die die Kommanditisten ungewöhnlich belasten, restriktiv ausgelegt.[3] So wurde die Bestimmung in dem Gesellschaftsvertrag einer Publikums-KG, nach der die Gesellschafter unter bestimmten Voraussetzungen zur Erhöhung ihrer Einlagen verpflichtet sind, einschränkend dahin gehend ausgelegt, dass die Erhöhung nur gefordert werden kann, solange das zusätzliche Kapital für den Betrieb des Unternehmens, also zur Erreichung des Gesellschaftszwecks bestimmt ist.[4]

 

Rz. 732

Grundsätzlich müssen auch alle gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungen, die der Gesellschaft gegenüber Gründungsgesellschaftern auferlegt werden und diesen Vorteile verschaffen sollen – sog. Gründervorteile (z. B. Tätigkeitsvergütungen) –, in den schriftlich festgelegten Gesellschaftsvertrag oder in einen ordnungsgemäß zustande gekommenen und protokollierten Gesellschafterbeschluss aufgenommen werden.[5] Die Kapitalanleger sollen darauf vertrauen dürfen, dass Vorteile zugunsten der Gründer, über die diese Urkunden nichts aussagen, auch nicht vereinbart sind. Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn der Kapitalanleger nicht unmittelbar, sondern über einen Treuhänder an der Gesellschaft beteiligt ist.[6]

[1] BGH, Urteil v. 28.9.1978, II ZR 218/77, NJW 1979 S. 419 (420); BGH, Urteil v. 30.4.1979, II ZR 57/78, NJW 1979 S. 2102.
[2] BGH, Urteil v. 30.4.1979, II ZR 57/78, BGH, NJW 1979 S. 2102.
[4] BGH, a. a. O.

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