Leitsatz

Wird ein Wohnungsrecht an einer Eigentumswohnung bestellt, kann eine Verpflichtung des Eigentümers zur Wiederherstellung des Gebäudes nicht zum Inhalt des Wohnungsrechts bestimmt werden

 

Normenkette

§ 22 Abs. 4 WEG; § 1093 BGB

 

Das Problem

  1. Der Berechtigte beantragt beim Grundbuchamt, zu seinen Gunsten am Wohnungseigentum des Bestellers ein Wohnungsrecht einzutragen.

    § 1093 (BGB) Wohnungsrecht

    (1) Als beschränkte persönliche Dienstbarkeit kann auch das Recht bestellt werden, ein Gebäude oder einen Teil eines Gebäudes unter Ausschluss des Eigentümers als Wohnung zu benutzen. [...]

    (3) Ist das Recht auf einen Teil des Gebäudes beschränkt, so kann der Berechtigte die zum gemeinschaftlichen Gebrauch der Bewohner bestimmten Anlagen und Einrichtungen mitbenutzen.

    [...]

  2. Besteller und Berechtigter hatten insoweit vereinbart, dass der Berechtigte im Fall einer Zerstörung der Wohnungseigentumsanlage diese auf eigene Kosten wiederherzustellen hat. Diese Regelung soll Inhalt des Wohnungsrechts sein, also "verdinglicht" werden. Das Grundbuchamt hat allerdings Zweifel, ob diese Regelung möglich ist und verweigert die Eintragung. Hiergegen richtet sich die Beschwerde. Erfolglos.
 

Entscheidung

  1. Die Eintragung des Wohnungsrechts mit dem dafür vorgesehenen Inhalt einer Wiederherstellungspflicht sei nicht möglich. Die Wiederherstellungspflicht könne nicht dinglicher Inhalt des Wohnungsrechts (§ 1093 BGB) sein.
  2. Es bestehe die Besonderheit, dass das Wohnungsrecht an einem Wohnungseigentumsrecht begründet werden soll. Dies sei zwar zulässig (BGH v. 19.5.1989, V ZR 182/87, NJW 1989 S. 2391, 2392). Der Inhalt des Wohnungsrechts dürfe aber durch besondere Vereinbarungen zwischen dem Wohnungseigentümer (Besteller) und dem Berechtigten nicht derart ausgestaltet werden, dass hierdurch die Rechte der anderen Miteigentümer betroffen werden. So läge es hier aber. Im Fall einer vollständigen oder teilweisen Zerstörung des Gebäudes stehe dessen Wiederaufbau nicht im Belieben eines einzelnen Wohnungseigentümers (§ 22 Abs. 4 WEG). Ein eigenmächtiger Wiederaufbau der Wohnungseigentumsanlage durch den Berechtigten würde dementsprechend in die Rechte der übrigen Wohnungseigentümer eingreifen.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Wohnungseigentum kann Gegenstand einer Belastung mit einer Dienstbarkeit sein. Üblich sind – wie hier – Wohnungsrechte und der Nießbrauch. Möglich ist aber auch eine Grunddienstbarkeit – sogar zugunsten des jeweiligen Eigentümers einer anderen Wohnung. Dabei wird das Sondereigentum als "herrschendes Grundstück" angesehen, für dessen Nutzung die Grunddienstbarkeit einen Vorteil i.S.d. § 1019 Satz 1 BGB zu bieten vermag. Das gilt auch dann, wenn das "Objekt" der Ausübungsberechtigung zum gemeinschaftlichen Eigentum gehört. Es ist hier keine Belastung des gemeinschaftlichen Eigentums durch Eintragung einer Dienstbarkeit auf allen Wohnungseinheiten erforderlich.
  2. Ist die Wohnungseigentumsanlage zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstört und ist der Schaden nicht durch eine Versicherung oder in anderer Weise gedeckt, so kann der Wiederaufbau nicht gemäß § 21 Abs. 3 WEG beschlossen oder gemäß § 21 Abs. 4 WEG verlangt werden.

Was ist für Verwalter wichtig?

  1. Ist ein Wohnungseigentum mit einer Dienstbarkeit belastet, ist grundsätzlich weiterhin der Wohnungseigentümer als Besteller und nicht der Berechtigte der Ansprechpartner des Verwalters. Nicht der Berechtigte, sondern der Wohnungseigentümer ist z.B. zur Versammlung der Eigentümer zu laden und hat dort ein Teilnahme-, Rede- und Stimmrecht. Nur der Berechtigte schuldet nach § 28 Abs. 5 WEG Hausgeld. Und nur der Berechtigte kann in die Verwaltungsunterlagen Einsicht nehmen.
  2. Soll der Berechtigte (gegebenenfalls teilweise) die Rechte des Wohnungseigentümers haben, muss dieser ihn zur Ausübung der Rechte ermächtigen. Ist es so, kann der Berechtigte z.B. ohne Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit an der Versammlung der Eigentümer teilnehmen.
 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Beschluss v. 15.8.2013, 15 W 105/12

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge