1 Leitsatz

Ein Wohnungseigentümer hat auch nach der Löschung von Zwangseintragungen keinen Anspruch auf Umschreibung seines Wohnungsgrundbuchs.

2 Normenkette

§ 28 GBV

3 Das Problem

Wohnungseigentümer K beantragt, sein Wohnungsgrundbuch umzuschreiben. Aus dem Wohnungsgrundbuch sind bislang erkennbar: ein im Jahr 2004 gelöschter Vermerk über die Anordnung der Zwangsversteigerung, ein im Jahr 2014 gelöschtes allgemeines Verfügungsverbot nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des K (gelöscht im Jahr 2020) und eine Arrest- und eine Sicherungshypothek, die am 11.3.2021 gelöscht wurden.

K meint, die bereits gelöschten, aber immer noch erkennbaren Eintragungen seien kreditschädigend und diskriminierend. Die höchstens abzuwartende Dreijahresfrist (analog § 882e ZPO) habe mit der gerichtlichen Bestätigung seines Insolvenzplans im Jahr 2018 begonnen. Die Aufhebung des Insolvenzverfahrens sei durch Rechtsbehelfe eines seiner Gläubiger verzögert worden. Das Grundbuchamt weist den Antrag zurück. Dagegen geht K vor.

4 Die Entscheidung

Ohne Erfolg! Es liege kein Fall der fakultativen Umschreibung vor: Denn durch eine Umschreibung würde das Grundbuchblatt nicht wesentlich vereinfacht werden. § 28 GBV könne auch nicht entsprechend angewendet werden. Das könne beispielsweise der Fall sein, wenn einer Eintragung im Grundbuch ein Offenbarungsverbot entgegenstehe. Ein solches Verbot sei aber nicht ersichtlich.

Darüber hinaus werde in der Literatur zwar auch diskutiert, ob ein Eigentümer die Umschreibung verlangen könne, wenn alte Zwangsversteigerungs- oder Insolvenzvermerke gelöscht, aber trotzdem noch erkennbar seien und sich diskriminierend und kreditschädigend auswirken könnten. Diese Ansicht habe sich in der obergerichtlichen Rechtsprechung aber nicht durchsetzen können. Der Senat sehe keinen Anlass, von dieser einheitlichen Rechtsprechung abzuweichen. K führe keine Gründe auf, die von der Rechtsprechung noch nicht erwogen worden seien. Insbesondere das (Grund-)Recht auf informationelle Selbstbestimmung begründe keinen Anspruch auf Umschreibung. Das Allgemeininteresse am Zweck des Grundbuchs, über gegenwärtige und vergangene Rechtsverhältnisse an dem Grundstück zuverlässig Auskunft zu geben, überwiege das Interesse eines Beteiligten, Eintragungen unkenntlich zu machen. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass die von K behaupteten diskriminierenden bzw. kreditschädigenden Wirkungen der Eintragungen allenfalls gegenüber nachlässigen oder unerfahrenen Gläubigern beseitigt werden könnten.

5 Hinweis

Problemüberblick

Für jeden Miteigentumsanteil wird nach § 7 Abs. 1 Satz 1 WEG von Amts wegen ein besonderes Grundbuchblatt (Wohnungsgrundbuch, Teileigentumsgrundbuch) angelegt. Auf diesem wird nach § 7 Abs. 1 Satz 2 WEG das zu dem Miteigentumsanteil gehörende Sondereigentum und als Beschränkung des Miteigentums die Einräumung der zu den anderen Miteigentumsanteilen gehörenden Sondereigentumsrechte eingetragen.

Für die Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher gelten nach § 1 der Wohnungsgrundbuchverfügung die Vorschriften der Grundbuchverfügung (GBV) entsprechend, soweit sich nicht aus den §§ 2 bis 5, 8 und 9 WGV etwas anderes ergibt. Nach § 4 GBV besteht jedes Grundbuchblatt aus der Aufschrift, dem Bestandsverzeichnis und 3 Abteilungen. Gem. § 10 Abs. 1 Buchstabe a) GBV werden in der zweiten Abteilung u. a. alle Belastungen des Grundstücks mit Ausnahme von Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden, einschließlich der sich auf diese Belastungen beziehenden Vormerkungen und Widersprüche eingetragen. Werden solche Belastungen gelöscht, sind die weiterhin erkennbar.

Anders ist es, wenn ein Grundbuchblatt "umgeschrieben" wird. Dies meint, dass ein neues Grundbuchblatt angelegt wird. Diese Umschreibung verlangt K, damit man nicht ohne Weiteres erkennen kann, dass er sich eine Zeitlang in finanziellen Schwierigkeiten befunden hat. "Ohne Weiteres" meint, dass man die Information auf den alten Blättern, die nicht vernichtet werden, weiterhin nachlesen kann.

Anspruch auf Umschreibung des Grundbuchblattes

Ob ein Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Umschreibung hat, wenn gelöschte Eintragungen ihm nachteilig sind, ist streitig. Wie vom KG Berlin referiert, gibt es im Schrifttum Stimmen, die einen Anspruch bejahen, aber auch solche die ihn verneinen (dazu beispielsweise Wilsch, FGPrax 2017, S. 102 und Heinze, ZfIR 2013, S. 375, 376).

Die Rechtsprechung lehnt einen solchen Anspruch bislang einhellig ab. Dem schließt sich das KG Berlin zu Recht an. Denn bei der Umschreibung des Grundbuchblattes ist in der Aufschrift des neuen Blattes auf das bisherige Blatt zu verweisen, § 30 Abs. 1 b) GBV. Ein umsichtiger und erfahrener Kreditgeber wird dies erkennen und sich allein mit der Vorlage eines aktuellen Grundbuchauszugs nicht begnügen. Dann aber ist die Umschreibung sinnlos.

6 Entscheidung

KG Berlin, Beschluss v. 5.4.2022, 1 W 349/21

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