Leitsatz

Der schenkweise Erwerb einer Eigentumswohnung ist nicht lediglich rechtlich vorteilhaft und bedarf deshalb der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters nach § 107 BGB. Auf den Inhalt der Gemeinschaftsordnung, das Bestehen eines Verwaltervertrags oder eines Mietvertrags über die Eigentumswohnung kommt es nicht an.

 

Fakten:

Mit notariellem Vertrag übertrug die Großmutter ihrer minderjährigen Enkelin das Eigentum an einer Eigentumswohnung. Das Grundbuchamt hatte den Vollzug des Vertrags von der Genehmigung eines zu bestellenden Ergänzungspflegers abhängig gemacht. Dies zu Recht, da der Erwerb einer Eigentumswohnung auch im Wege der Schenkung für einen Minderjährigen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist. Mit der geschenkten Eigentumswohnung erwirbt er nämlich nicht lediglich einen Vermögensgegenstand, sondern er wird auch Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft. In dieser Funktion ist der Minderjährige nicht nur verpflichtet, sich entsprechend seinem Anteil an den Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums zu beteiligen. Er hat vielmehr anteilig auch die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums zu tragen. Diese Kosten können ein je nach dem Alter und dem Zustand des Gebäudes, in dem sich die Eigentumswohnung befindet, ganz erhebliches Ausmaß annehmen. Hinzu kommt, dass der Minderjährige als Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 8 Satz 1 Halbs. 1 WEG infolge des Erwerbs der Eigentumswohnung kraft Gesetzes den Gläubigern der Wohnungseigentümergemeinschaft für Verbindlichkeiten haftet, die während seiner Zugehörigkeit zur Gemeinschaft entstehen oder während dieses Zeitraums fällig werden. Die Haftung ist zwar der Höhe nach auf einen Betrag begrenzt, der seinem Anteil am Gemeinschaftseigentum entspricht. In diesem Umfang haftet der Minderjährige aber nicht nur mit der ihm geschenkten Eigentumswohnung, sondern auch mit seinem übrigen Vermögen.

Grundsätzlich bedarf daher auch der schenkweise Erwerb einer Eigentumswohnung durch einen Minderjährigen nach § 107 BGB der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters. Da ein Elternteil in gerader Linie mit der Großmutter verwandt ist, können die Eltern die erforderliche Genehmigung nicht erteilen. Vielmehr ist in einem solchen Fall die Bestellung eines Ergänzungspflegers nach § 1909 BGB erforderlich.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Beschluss vom 30.09.2010, V ZB 206/10BGH, Beschluss vom 30.9.2010 – , V ZB 206/10

Fazit:

Die Entscheidung bringt Rechtssicherheit und beendet den Streit mehrerer Obergerichte zu dieser rechtlich äußert relevanten Tematik. Eine Genehmigung der Auflassung auch durch das Familiengericht ist im Übrigen nicht erforderlich.

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