5.3.1 Grundsätze

Grundsätzlich liegt es im Ermessen der Wohnungseigentümer, eine Sonderumlage zu beschließen, um die Erhaltungsrücklage nicht zu erschöpfen. Es besteht also kein Anspruch darauf, zunächst die Rücklage auszuschöpfen.[1] Ob eine größere Investition aus Mitteln der dafür betragsmäßig ausreichenden Erhaltungsrücklage finanziert oder unter den Wohnungseigentümern eine Sonderumlage erhoben wird, unterliegt ebenfalls dem pflichtgemäßen Ermessen der Wohnungseigentümer. Im Allgemeinen ist bei einer betragsmäßig ausreichenden Erhaltungsrücklage allerdings die Feststellung erforderlich, mit welchen anderen Erhaltungsmaßnahmen und mit welchem finanziellen Erhaltungsaufwand in nächster Zeit in der Eigentümergemeinschaft zu rechnen ist.[2] Insoweit kann es ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen, zur Finanzierung einer Erhaltungsmaßnahme trotz vorhandener und angemessen ausgestatteter Erhaltungsrücklage eine Sonderumlage zu erheben.[3] Bei bestehenden finanziellen Engpässen innerhalb der Gemeinschaft entspricht es andererseits in erster Linie ordnungsmäßiger Verwaltung, die benötigten finanziellen Mittel durch Erhebung einer Sonderumlage sicherzustellen.[4]

Ihrem Wesen nach stellt die Sonderumlage eine Ergänzung des Wirtschaftsplans dar. Ebenso, wie die periodisch monatlich zu entrichtenden Hausgeldvorschüsse einen Beschluss nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG über die Festsetzung der auf Grundlage des Wirtschaftsplans zu leistenden Hausgeldvorschüsse voraussetzen, muss eine Sonderumlage beschlossen werden.[5] Der Verwalter kann nicht von sich aus die Wohnungseigentümer zur Zahlung auffordern. Das kann er auch dann nicht, wenn ein unerwarteter Liquiditätsbedarf entsteht, es sei denn, die Wohnungseigentümer haben Entsprechendes vereinbart.

 

Nicht nur Maßnahme selbst beschließen

Beschließen die Wohnungseigentümer eine Erhaltungsmaßnahme, ohne über deren Finanzierung zu beschließen, umfasst dieser Beschluss auch dann, wenn eine Erhaltungsrücklage nicht vorhanden ist, nicht die Erhebung einer Sonderumlage. Der Beschluss über die Erhaltungsmaßnahme stellt daher keine Rechtsgrundlage dafür dar, einen anteiligen Finanzierungsbeitrag von einzelnen Wohnungseigentümern einzufordern.[6]

Der Beschluss über die Erhebung einer Sonderumlage muss

  • den Beschlussgegenstand,
  • die Gesamthöhe der Umlage,[7]
  • den Kostenverteilungsschlüssel[8] und
  • die auf die einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Beiträge

regeln. Er kann auch die Fälligkeit der Sonderumlagebeiträge regeln.

5.3.2 Höhe der Sonderumlage

Die Höhe der Sonderumlage orientiert sich am Finanzierungsbedarf, wobei hinsichtlich der entsprechenden Prognose ein großzügiger Beurteilungsspielraum besteht und zu erwartende Beitragsausfälle einzelner Wohnungseigentümer berücksichtigt werden können.[1]

5.3.3 Kostenverteilungsschlüssel

Maßgeblich ist der Kostenverteilungsschlüssel, der auch für die zu finanzierende Maßnahme gilt. Allerdings haben die Wohnungseigentümer auf Grundlage von § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG und § 21 Abs. 5 WEG auch die Möglichkeit, die Kosten der durch Sonderumlage zu finanzierenden Maßnahme abweichend vom gesetzlichen oder vereinbarten Kostenverteilungsschlüssel zu verteilen. Dies ist allerdings bereits im Ladungsschreiben zur Eigentümerversammlung anzukündigen, ansonsten ist der Beschluss anfechtbar.[1]

Kombination einer Finanzierung aus Sonderumlage und Erhaltungsrücklage

Nicht selten werden größere Erhaltungsmaßnahmen oder solche der baulichen Veränderung des Gemeinschaftseigentums sowohl über eine Sonderumlage als auch eine Entnahme aus der Erhaltungsrücklage finanziert. Hier ist zu beachten, dass der Kostenverteilungsschlüssel der Sonderumlage nicht von demjenigen der Zuführungen zur Erhaltungsrücklage abweichen darf.

 
Praxis-Beispiel

Teilfinanzierung

In der bislang vollständig dezentral über Gasetagenheizungen versorgten Wohnanlage soll zur Erfüllung der 65 %-EE-Vorgabe des § 71 Abs. 1 GEG eine Zentralheizung eingebaut und die Wohnungen entsprechend an die Heizung angeschlossen werden. Die Maßnahme soll je zur Hälfte über eine Sonderumlage und die Erhaltungsrücklage finanziert werden. Nach der in der Gemeinschaft geltenden Rechtslage werden die Beiträge zur Erhaltungsrücklage nach Miteigentumsanteilen geleistet.

Bezüglich der Sonderumlage darf kein hiervon abweichender Kostenverteilungsschlüssel beschlossen werden – etwa eine objektbezogene Kostenverteilung nach Anzahl der Heizkörper in den jeweiligen Sondereigentums...

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