Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Urteil vom 07.09.2017; Aktenzeichen 72 C 32/17)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 7. September 2017 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg – 72 C 32/17 – unter Zurückweisung des Rechtsmittels der Klägerin und des weitergehenden Rechtsmittels der Beklagten geändert und wie folgt neu gefasst:

1) Der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft … Berlin, zum Tagesordnungspunkt 11 wird dahingehend für ungültig erklärt, dass die beschlossene Sonderumlage statt 200.000 EUR lediglich 165.000 EUR beträgt.

2) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 85 % und die Beklagten 15 %. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

I.

Hinsichtlich des Tatbestands wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil nach § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg vom 7. September 2017, das durch Beschluss des Amtsgerichts vom 15. Oktober 2017 hinsichtlich des Urteilstenors zu Ziffer 1. und hinsichtlich der Kostenentscheidung zu Ziffer 3. berichtigt wurde, ist den Parteien am 12. September 2017 zugestellt worden. Die Beklagten haben gegen das Urteil mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2017, beim Landgericht Berlin am 10. Oktober 2017 eingegangen, Berufung eingelegt. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2017, beim Landgericht am selben Tage eingegangen, Berufung eingelegt. Die Beklagten haben ihre Berufung mit Schriftsatz vom 8. November 2017, beim Berufungsgericht am selben Tage eingegangen, begründet. Die Berufung der Klägerin ist mit Schriftsatz vom 13. November 2017, zugegangen am selben Tage, begründet worden.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung den Beschluss der WEG … Berlin, zum Tagesordnungspunkt 3 (Beauftragung eines Vollgerüsts für die Fassaden- und Balkonsanierung) für ungültig zu erklären und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagten beantragen,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage insgesamt abzuweisen und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Beide Parteien wiederholen im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufungen der Parteien sind zulässig. In der Sache hat die Berufung der Klägerin keinen und die der Beklagten im ausgeurteilten Umfange Erfolg.

In der Berufung noch im Streit ist die Anfechtung der Beschlüsse vom 4. Mai 2017 zu TOP 3 (Beauftragung eines Fassadengerüstes) und TOP 11 (weitere Sonderumlage Fassadensanierung in Höhe von 200.000 EUR).

Innerhalb der Begründungsfrist ist hinsichtlich TOP 3 geltend gemacht worden, dass keine Vergleichsangebote vorgelegen haben, keine zeitliche Begrenzung der Gerüststandzeiten beschlossen wurde und die beschlossenen voraussichtlichen Gerüstkosten widersprüchlich und unklar seien.

Dem Amtsgericht ist zu folgen, soweit es die Einholung von Vergleichsangeboten für entbehrlich hält, wenn – wie vorliegend – das Unternehmen für die Wohnungseigentümergemeinschaft bereits tätig war und es sich um ein sog. Nachtragsangebot handelt.

Hier liegt zwar ein eigentliches Nachtragsangebot nicht vor. Im Beschluss zu TOP 3 ist lediglich in Bezug genommen worden das Ausgangsangebot über die Stellung des Gerüstes für die Dacharbeiten der Firma … GmbH vom 13. November 2015 und die Kostenschätzung der Architekten … & … GbR, die sich an den Einheitspreisen aus dem vorstehenden Ausgangsangebot orientiert. Ein weiteres Angebot über die zusätzlich erforderliche (ergänzende) Stellung eines Gerüstes für die Fassadenarbeiten, die Gegenstand des angefochtenen Beschlusses ist, ist von der … GmbH nicht eingeholt worden. Es liegt danach kein Angebot über die im Beschluss zu TOP 3 beschlossene (ergänzende) Gerüstmontage für die Fassadensanierung vor.

Ungeachtet dessen liegt aber eine konkrete und hinreichend aussagekräftige Kostenschätzung der die Baumaßnahmen begleitenden Architekten … & … GbR vor, die sich an den Einheitspreisen aus dem Ausgangsangebot der Firma … GmbH vom 13. November 2015 orientiert. Der Beschluss ist danach auch nicht zu unbestimmt. Ihm ist zu entnehmen, dass die Wohnungseigentümer die bereits für sie tätig gewordene Firma … GmbH erneut zu den damaligen Konditionen beauftragen wollen.

Ob diese Absicht realisierbar ist, ist eine andere Frage. Ausweislich des vorliegenden Ausgangsangebots der … GmbH vom 13. November 2015 beträgt „die Bindefrist für die angebotenen Preise … 12 Wochen ab Angebotsdatum.”. Wenn also die Firma … GmbH die Auftragsannahme generell ablehnt oder nur zu gestiegenen Einheitspreisen zusagt, muss die Wohnungseigentümergemeinschaft erneut über die Auftragsvergabe beschließen. Allein diese Unwägbarkeit bzw. die Lästigkeit eines ggf. erforderlichen weiteren Beschlusses widerspricht aber noch nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.

Aus den Gründen der amtsgerichtlichen Entscheidung ist auch der vermeintlichen Widersprüchlichkeit des Beschlusses hinsichtlic...

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